documenta 5

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Kassel (APA/dpa) - Nur wenige Kunstausstellungen dürften die Gemüter so bewegt haben wie die "documenta 5" im Jahre 1972. Ihr künstlerischer Leiter, der Schweizer Harald Szeemann, wagte den Schritt aus dem Elfenbeinturm, fragte nach der Verantwortung der Kunst bei der Lösung gesellschaftlicher Probleme und ließ die bis dahin eher biedere Kasseler Weltkunstschau zu Skandal und Politikum gleichermaßen werden. An dieses Projekt soll die Ausstellung "Wiedervorlage d5" erinnern, die der Kasseler Kunstverein seit Sonntag im Museum Fridericianum zeigt. Die "documenta 5" hob die Grenzen zwischen Hoch- und Trivialkultur auf und öffnete die Museumstore für Werbung, Kitsch oder Spielzeug. So ließ sie so genannte Happenings oder Experimentalfilme an die Stelle des ordentlich aufgehängten Gemäldes treten. Joseph Beuys betrieb hundert Tage lang ein "Büro der Organisation für direkte Demokratie durch Volksabstimmung". Ziel sei nicht gewesen, dieses so vielfältige wie verwirrende Ereignis vorlagengetreu zu rekonstruieren oder auch nur einzelne Kunstwerke wiedererstehen zu lassen, erklärt Roland Nachtigäller, der die bis zum 30. Dezember laufende Retrospektive zusammen mit Martin Köttering konzipiert hat. "Wir wollten Fragen stellen, nicht Antworten liefern." In fünf Räumen geht es um fünf verschiedene Themen - um die tabubrechenden Konzepte Szeemanns, um die beteiligten Künstler und ihre neuen Darstellungsformen, aber auch um die verständnislosen bis wütenden Reaktionen der Öffentlichkeit oder um das politisch-historische Umfeld. Zu sehen sind unter anderem Fotos, Plakate, Briefe, Künstlerbewerbungen und Ausschnitte aus den Besucherbüchern. Sie stammen aus den Beständen des "documenta"-Archivs, das mit der aufwändigen Schau gleichzeitig sein 40-jähriges Bestehen feiern will. Das 1961 von Arnold Bode gegründete Archiv gehört heute zu den führenden Informationszentren zeitgenössischer Kunst und verfügt über eine der umfangreichsten Spezialbibliotheken in Deutschland.