Peter Leeb hält die Verhältnisse gerne überschaubar. Also äußert er sich paradoxerweise manchmal etwas vertrackt. "Der Tourist ist die zum höchsten Extrem getriebene Art des Menschen, der sich etwas wünscht." Folgt daraus, dass man diesem Menschen bei seinen Wünschen entgegenkommen muss? Nur bedingt. "Nicht jeder Gast passt zu uns", sagt Leeb. Leute etwa, die vor anderen mit einem bevorzugten Status protzen oder geschäftsmäßige Unruhe (per Handy etwa) in die angestrebte Urlaubsruhe bringen: "Die passen nicht zu uns. Von denen muss man sich verabschieden." Dazu dann ein abgründig freundliches Lachen. Über Jahrzehnte hinweg hat Peter Leeb gemeinsam mit seiner Frau Barbara auf der Turracher Höhe, zwischen Kärnten und Salzburg, ein wahres Wunderwerk aufgebaut: Für Wellness-Bedürftige wie für Bergwanderer, für Wintersportler wie für notorische Nichtstuer ist das Hotel Hochschober mittlerweile ein ziemlich prominentes Synonym für behaglichen Urlaubskomfort. "Klar", wird nun mancher sagen, weil: super Schigebiet, super Wandergebiet und in und vor dem Hotel Bade- und Sauna-Möglichkeiten in Hülle und Fülle. Aber, und da kommt wieder die einfach komplizierte Weltsicht von Herrn Leeb zum Tragen: So klar ist das nicht. In 1.736 Metern Höhe ist Klarsicht zum Beispiel wunderbar - aber keineswegs garantiert. Es ist gut möglich, dass ein ganzer Urlaub in Regenwasser oder Schneematsch versinkt. Hier beginnt nun gewissermaßen der Spitzenhotelier wie ein Hüttenwirt zu überlegen: Wie hält man die Truppe zusammen und lässt gleichzeitig jedem genug Spielraum für sich allein? Lagerkoller: ganz schlecht. Ein beheizter Bergsee-Pool, in dem man zu jeder Jahres- und Tageszeit schwimmen kann - er wäre allein zu wenig. Und andere Open-Air-Aktivitäten wie die vom Hotel zur Verfügung gestellten, geführten Wanderungen durch den Nationalpark Nockalpen sind auch wetterabhängig. Das Ehepaar Leeb hat diesbezüglich interessante Beobachtungen gemacht: Stundenlang könnte man mit den beiden darüber reden, was die Psychologie der Wunschmaschine Tourist so ausmacht. Wie schwierig es etwa für Eltern und Kinder oder für Ehepaare ist, nach einem durcharbeiteten Jahr harmonisch gemeinsam zu faulenzen. "Die Leute verbringen ja sonst nicht so viel Zeit miteinander." Welche Fluchträume dann auch bereitstehen müssen, damit das "Endlich zusammen" wirklich friktionsfrei funktioniert: Am Hochschober gibt es solche Räume - vom türkischen Dampfbad bis zum luftigen "Adlerhorst". "Raum", so Leeb, "ist alles". Oder: Warum ist Herr X, der jahrelang ein zufriedener, dementsprechend freundlicher Gast war, plötzlich eher herrschsüchtig? Nur, weil er vor seinem Chef, den er auf ein Wochenende eingeladen hat, angeben will. Am Hochschober bereitet man sich auf solche Spezialfälle, die eigentlich Alltag sind, präzise vor. Und zur Not verzichtet man lieber auf einen Champagner-Freund als einen Wassertrinker vor den Kopf zu stoßen. Es ist typisch für das Hochschober, dass die meisten Dinge, derer man bedarf, praktisch jederzeit nach Belieben verfügbar sind: Wenn im Sommer die Kinder beim Baden ein Eis wollen, steht zum Beispiel ein diesbezüglicher Kühlcontainer zur freien Entnahme bereit. Dasselbe gilt für eine schmackhafte Mittagssuppe oder für Buttermilch nach dem Besuch der Hochschober-Badewelt. Haben wir in der gebotenen Kürze jetzt etwas vergessen? Fast alles. Wichtig ist nur, so Herr Leeb, dass in dieser Geschichte, wenn er zitiert wird, nicht die Worte "mein" und "Personal" vorkommen. "So etwas sage ich nicht." Es wäre nun von Leuten zu erzählen, die ungern gemeinsam mit Mitarbeitern des Hauses baden gehen. Die passen auch nicht zum Hochschober. Aber der Rest kommt wieder. Bei jedem Wetter. Der Standard/RONDO/09/11/2001