Inland
Jugendgerichtshof: Richter kritisieren Böhmdorfer
Juristen fordern Besetzung offener Stellen - Minister sieht Schuld bei Gerichtshof- Präsidenten
Wien - Das Nicht-Handeln von Justizminister Dieter
Böhmdorfer (F) in Sachen Jugendgerichtshof Wien kritisiert die
Fachgruppe Jugendrichter in der Richtervereinigung in einer
Resolution: "Der Herr Bundesminister für Justiz wird dringend
aufgefordert dafür zu sorgen, dass die vom Nationalrat beschlossene
Jugendgerichtsgesetz-Novelle 2001 auch ordnungsgemäß durch
ausreichende Personalausstattung ... vollzogen werden kann."
Durch die Einbeziehung der 19- bis 21-Jährigen in die
Zuständigkeit der Jugendgerichtsbarkeit sei der Arbeitsanfall beim
Jugendgerichtshof Wien um 67 Prozent gestiegen. Dafür wurden zwar
vier weitere Richter-Planstellen geschaffen. Bisher wurden aber erst
zwei Richter ernannt, von denen einer wiederum für ein Großverfahren
gesperrt werden musste, heißt es in der Resolution. Für die
restlichen beiden hätten sich in bereits zwei Ausschreibungen
"zahlreiche Geeignete beworben, der Justizminister verweigert jedoch
die Durchführung eine Ernennung mit der unserer Meinung nach
unhaltbaren Argumentation, dass nur ein Richter des Landesgerichtes
für Strafsachen Wien ernannt werden könnte".
Am Straf-Landesgericht waren nach der Novelle Planstellen gekürzt
worden, wodurch es dort jetzt einige Richter zu viel gibt. Sie können
zu einem Wechsel nicht gezwungen werden, weil Richtern die
Unversetzbarkeit verfassungsrechtlich garantiert ist.
Für Böhmdorfer Besetzungen Sache Jesionek
Es sei die Sache von Jugendgerichtshof-Präsident Udo
Jesionek, dafür zu sorgen, dass die beiden offenen Stellen an seinem
Gerichtshof besetzt werden, meint Justizminister Dieter Böhmdorfer
(F). "Wenn die Situation am Jugendgerichtshof Wien dramatisch ist, so
nur deshalb, weil der Präsident des JGH Dr. Udo Jesionek es nicht
versteht, von den mehr als 70 Richtern des Landesgerichts für
Strafsachen Wien zwei für eine Tätigkeit an dem von ihm geleiteten
Gerichtshof zu interessieren", so Böhmdorfer am Donnerstag in einer
Aussendung.
Jesionek müsste "in kollegialen Gesprächen dafür sorgen, dass sich
weitere zwei Richter des LG für Strafsachen Wien zu seinem
Gerichtshof bewerben", meinte der Justizminister. Die gesetzmäßige
Bestellung von Richtern sehe vor, dass der zuständige
Oberlandesgerichtspräsident offene Planstellen ausschreibe und die
aus Richtern bestehenden Personalsenate Besetzungsvorschläge (an den
Justizminister, Anm.) erstatten. "Hätte Dr. Jesionek zeitgerecht die
ihm obliegenden Führungsaufgaben beim Jugendgerichtshof wahrgenommen,
wäre es nicht zur jetzigen Situation gekommen", so Böhmdorfer. (APA)