Wien - Frauen mit loser Zunge und lockeren Sitten sind derzeit der Schlager auf den TV-Schirmen. Die Damen von "Sex and the City" sind Kult . Doch nichts davon ist neu. Am 26. Dezember 1936 hatte "The Women" von Clare Boothe Luce am New Yorker Broadway Premiere, und was darin Mary, Peggy, Sylvia, Nancy und all die anderen über einander und vor allem über die Männerwelt zu sagen haben, steht den heutigen Dialogen an Schärfe um nichts nach. Am Sonntag hatte das Stück am Burgtheater Premiere. Absenz der Männer Herausragende Eigenschaft des einstigen Broadway-Erfolges, der sich kontinuierlich auf deutschen Spielplänen hält (so besorgte einst auch Rainer Werner Fassbinder eine Inszenierung, derzeit ist das Stück in einer sehr vergnüglichen Inszenierung am Thalia Theater Hamburg zu sehen), ist die Tatsache, dass Männer zwar ständig präsent sind, aber nie persönlich in Erscheinung treten. Die Bühne gehört den "Damen der Gesellschaft" (wie das Stück in der vor 15 Jahren besorgten Neuübersetzung durch Nina Adler heißt). "Darum habe ich sie in mein Stück verbannt.." "Mindestens 14 Damen braucht man dafür, darunter geht es auch mit den wildesten Doppelbesetzungen nicht, das haben wir oft durchgerechnet", lacht Krista Jossenhoven, die zuständige Theater-Verlags-Chefin. Kein Vergleich zu den 135 Schauspielerinnen, die George Cukor 1939 bei seiner Verfilmung aufbieten konnte. Das Burgtheater hat sich für ein 17-köpfiges Damenensemble entschieden, von Elisabeth Augustin bis Bibiana Zeller. Mehr Schwierigkeiten gab es offenbar mit den Herren der Schöpfung: Statt dem ursprünglich angekündigten Joachim Lux inszeniert nun Sven-Eric Bechtolf im Verein mit dem Dramaturgen Wolfgang Wiens. "Ich mag diese Frauen nicht, und darum habe ich sie in mein Stück verbannt, um ein für alle Mal von ihren nichtswürdigen Bildern befreit zu sein", hat Clare Boothe Luce einmal gesagt, "Aber ob es das wahre Porträt der Frauen ist, wird nicht jeder(mann) beurteilen können, aus dem einfachen Grund: weil all ihr Machen und Tun an Orten stattfindet, die kein Mann je betreten hat." Ein paar dieser Schauplätze zeigt die Autorin: einen Schönheitssalon, wo eine noble Kundin bei der Maniküre von einer plappernden Angestellten vom aktuellen Seitensprung ihres Mannes erfährt; Ankleideräume eines noblen Modesalons, in denen Gattinnen und Geliebte genüsslich das vom gleichen Mann eingerichtete Kundenkonto belasten; ein Fitnessstudio, wo über die jeweils gerade nicht anwesende Freundin hergezogen wird; ein Badezimmer, in dem während der Einwirkung von Schaumbad und Gesichtsmaske bereits die nächste Affäre angebahnt wird; und das Scheidungsparadies Reno, wo fast alle Ladies früher oder später landen. Clare Boothe Luce In Reno, Symbol der frühen Emanzipation, sorgte auch Clare Boothe Luce 1929 für die Wiedererlangung ihrer eigenen Unabhängigkeit. Ansonsten liest sich ihre Lebensgeschichte wie ein Märchen. 1903 wurde sie als Tochter eines Orchestergeigers und eines Revuegirls geboren. Bald nach ihrer Geburt brannte der Vater mit einer Opernsängerin durch. Mit 16 wurde Clare die jüngste Absolventin ihrer Schule, mit 17 qualifizierte sie sich als Schwimmerin für die Olympischen Spiele und wurde bei einer Europa-Reise zur "Miss Riviera" gewählt. Mit 18 arbeitete sie für die US-Frauenbewegung, mit 19 heiratete sie einen Millionär, von dem sie sich mit 26 wieder scheiden ließ. Mit 27 begann sie eine steile journalistische Karriere (u.a. bei "Vogue" und "Vanity Fair"), mit 33 feierte ihr Stück "The Women" am Broadway Premiere, wo es zwei Jahre en suite gespielt und später auch zwei Mal verfilmt wurde. 1940 ging sie als Kriegsberichterstatterin für "Life" nach Europa, 1946 wurde sie für die Republikaner in den Kongress gewählt, 1952 wurde sie amerikanische Botschafterin in Rom und später in Brasilien, nachdem sie Eisenhowers Angebot, als Arbeitsministerin in sein Kabinett zu kommen, abgelehnt hatte. 1987 starb Clare Boothe Luce an Krebs. Drei Jahre später wurde sie von dem Magazin "Esquire" zur "Frau des Jahrhunderts" gewählt. (APA)