Wien - "1953 wurde bei uns das welterste Penicillin entwickelt, das man schlucken konnte, das ,Penicillin V', seitdem haben wir reiche Erfahrung mit der Herstellung von Antibiotika", berichtet Gerd Ascher vom Unternehmen Biochemie in Kundl dem STANDARD, "nun wenden wir uns - inzwischen als Tochter von Novartis - wieder der Grundlagenforschung zu." Und zwar in Wien, wo am Freitag auf dem Gelände von Novartis in Liesing das Antibiotic Research Institute (ABRI) eröffnet wurde, das von Ascher geleitet wird und 50 Mitarbeiter beschäftigt. Sie sollen mit einem Jahresbudget von 100 Millionen Schilling nachholen, was die gesamte Pharmabranche lange vernachlässigt hat: Bis in die 60er-Jahre waren so viele Antibiotika entwickelt, dass man krankheitserregende Bakterien für besiegt hielt und die Forschung zurückfuhr. Aber die Bakterien waren nicht besiegt, sie entwickelten Antibiotika-Resistenzen, die immer größere Sorgen bereiten. "In den großen Zeiten der Antibiotikaforschung hat man Hunderte von Strukturen gefunden, aber viele davon nicht weiter untersucht", erklärt Ascher, "diesen Schatz wollen wir nun erschließen. Zudem wollen wir auf unserem Spezialgebiet der Beta-Laktam-Antibiotika - dazu gehören Penicilline und Cefalosporine - einiges weiterentwickeln." Und vielleicht Altes zu neuen Zwecken einsetzen: "Alle bisher in den USA aufgetauchten Anthrax-Stämme sind gegen viele Antibiotika empfindlich, auch gegen unser gutes altes Penicillin V", berichtet Ascher. Man ist deshalb dabei zu prüfen, ob es in den USA prophylaktisch für gefährdete Gruppen eingesetzt werden könnte. Die Forschungen am ABRI sollen vom Wiener Umfeld profitieren - das Institut wird etwa mit dem AKH zusammenarbeiten - und in fünf Jahren erste Antibiotika so weit gebracht haben, dass sie klinisch getestet werden können. (DER STANDARD 10.11.2001)