Wien (APA) - Massive Kritik an der Justizpolitik von Minister Dieter Böhmdorfer (F) übt SP-Justizsprecher Hannes Jarolim. Die von Böhmdorfer angekündigte Schließung von 90 Gerichtsstandorten bringe "keine Einsparungen" und sei nur eine "Fopperei" der Bevölkerung. Weiters kritisierte Jarolim am Freitag bei einer Pressekonferenz Verschlechterungen im Zuge der Verwaltungsreform-Gesetze. Bescheide von Bezirkshauptmannschaften (BH) sollen künftig von unabhängigen Verwaltungssenaten (UVS) geprüft werden. Tatsächlich entscheiden könnten die UVS die Bescheide aber nur dann, wenn die BH "ausdrücklich zustimme", meinte Jarolim. Ansonsten könne sie den Bescheid nur an die BH zurückweisen. Für die Betroffenen bedeute das ein "Ping-Pong-Spiel" zwischen den Behörden und eine Verlängerung der Verfahren, befürchtet der Justizsprecher. Gerichtsstrukturen unverändert Bei Böhmdorfers Plänen zur Zusammenlegung von Gerichten blieben die Gerichtsstrukturen "unverändert", kritisierte er. Der Justizminister hatte vorgeschlagen, die Gerichtssprengel beizubehalten, mehrere Gerichte aber an einem Standort zusammenzuführen. Dieser Vorgang sei "völlig absurd" und bewirke nur, dass die Bevölkerung weitere Wege zu den Gerichten habe, meinte Jarolim. Für die Schließung von Kleinstgerichten sei auch die SPÖ - das müsse aber im Konsens mit den Ländern geschehen. Böhmdorfer habe aber ein "ausgeprägtes Unvermögen" um konsensual vorzugehen. Dieses Unvermögen zeige sich auch bei der Richterposten-Besetzung am Jugendgerichtshof Wien oder am Bezirksgericht Leopoldstadt. Als Folge gebe es einen großen Überhang an ungelösten Fällen, was zu Lasten der Bevölkerung gehe. Datenschutzbedenken äußerte Jarolim bei der Chipkarte. Diese sei in Wahrheit eine "Datengefährdungskarte" und schaffe den "gläsernen Menschen". Für die Speicherung von Gesundheitsdaten sei die Technik noch nicht ausgereift genug.