Was soll bzw. darf der Chip wissen?

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Wien - Ginge es nach FP-Sozialsprecher Reinhart Gaugg, dann soll die Chipkarte wie eine Kreditkarte funktionieren und am besten in "Gesundheitskarte" umbenannt werden. Den Impfpass möchte er auch integrieren, "aber keine Gesundheitsdaten, etwa über chronische Krankheiten". Das sagte Gaugg am Freitag vor Beginn des Sozialausschusses des Nationalrates. Um die komplizierte Einhebung der Chipkartengebühr (50 Schilling oder 3,6 € pro Quartal und Arzt) zu vereinfachen, soll demnach auf der Karte ein bestimmter Geldbetrag gespeichert sein, von dem beim Arztbesuch die Gebühr direkt abgebucht würde. Auf Wunsch des Versicherten könnte der Betrag auch via Abbuchungsauftrag eingezogen werden. Diese Direktabrechnung schlägt Gaugg auch für die Ambulanzgebühr vor. Absurde Idee "Das ist eine absurde Idee. Bisher war ganz klar, dass die Chipkarte nichts mit einer Bankomatkarte zu tun hat. Auch aus gesellschaftspolitischen und datenschutzrechtlichen Gründen soll man diese Funktionen trennen", weist Fritz Bock, Aufsichtsratsvorsitzender der Chipkarten-Betriebs- und Errichtungsgesellschaft des Hauptverbandes, im Standard-Gespräch den Vorschlag zurück. "Es passt überhaupt nicht zusammen und ist technisch auch nicht vorgesehen. Es würde die Furcht vor dem ,großen Bruder‘ vergrößern und die Akzeptanz der Karte verringern." Ausgeschrieben (und im April 2001 an die Firma EDS/ orga vergeben) war eine Karte, die als "Ersatz für den Krankenschein Grunddaten, aber keine Befunde und Gesundheitsdaten" speichern sollte. Laut Bock gibt es aber "Platz für Erweiterungen zu einer Datenhandtasche auf freiwilliger Basis" und die Möglichkeit zur "digitalen Signatur". Vorstellbar, so Bock, wäre höchstens, die Chipkartenterminals technisch zu erweitern, sodass mit Quick-Ban_komatkarten die Chipkartengebühr bezahlt werden könne. Das müsse geprüft werden. Mitterlehner fordert endlich Sachdiskussion Auch der Vizegeneralsekretär der Wirtschaftskammer, Reinhold Mitterlehner, bezweifelt die Machbarkeit des Gaugg-Vorschlages. Eine Abbuchungsfunktion sei bei der Ausschreibung nicht bestellt worden. Er fordert endlich eine Sachdiskussion über die Chipkarte, um weitere "Fehlentscheidungen zu vermeiden". VP-Sozialsprecher Gottfried Feurstein hat "datenschutzrechtliche Vorbehalte" gegen den Gaugg-Vorschlag. Der Bundesobmann der niedergelassenen Ärzte, Jörg Pruckner, deponierte die strikte Weigerung der Ärzte, bei der Chipkartengebühr den "Geldeintreiber" zu spielen. Sozialminister Herbert Haupt verteidigte die Chipkartengebühr. Die jährlichen Einnahmen durch die Krankenscheingebühr (600 Mio. S) seien für die defizitären Kassen unabdingbar. Die Opposition weidete sich genüsslich am "Chipkarten-Chaos". (derstandard,print-ausgabe,17.11.2001)