Wien - Bei der Unterstützung Österreichs für den EU-Beitritt Polens, für die er sich bedanke, "ist es nützlich, dass wir beide Länder ohne Atomkraftwerke sind". Mit feiner Ironie spielte der polnische Präsident Aleksander Kwasniewski am Dienstag vor der Presse in Wien auf den Temelín-Konflikt an.

Bundespräsident Thomas Klestil gratulierte dem Staatsgast, den er als seinen Freund bezeichnete, zum jüngsten Fortschrittsbericht der EU-Kommission über die Beitrittsverhandlungen. Es sei "mit Optimismus anzunehmen", dass der geplante Beitrittstermin 2004 eingehalten werde. Eine erste Erweiterungsrunde 2004 ohne Polen sei unvorstellbar, sagte Klestil auf eine Journalistenfrage unter heftiger Beipflichtung Kwasniewskis.

Zum jüngsten Vorstoß des französischen Außenministers Hubert Védrine, wonach aus politischen Grünen eine große Erweiterung um alle zwölf Kandidaten - also einschließlich Rumäniens und Bulgariens - zu überlegen sei, meinte Kwasniewski, es könne keine Automatik geben. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt wäre eine solche große Erweiterung vermutlich keine gute Entscheidung. Bei der Öffnung des Arbeitsmarktes hat die neue polnische Regierung zuletzt die Bereitschaft zu einer Übergangsfrist, allerdings nur von zwei Jahren angedeutet (Ungarn, die Slowakei und Tschechien haben einen siebenjährigen Stufenplan akzeptiert). Kwasniewski meinte, "gewisse Übergangsfristen" würden zeigen, ob die Furcht in Deutschland und Österreich vor einem Zustrom billiger Arbeitskräfte berechtigt sei: "Wir verstehen die Ängste, aber wir teilen sie nicht." Ein rascher EU-Beitritt würde einer Rezession in Polen und damit auch möglichen Abwanderungstendenzen entgegen wirken. (jk, DER STANDARD, Print-Ausgabe vom 21.11.2001)