Wien - Mit den Stimmen von ÖVP und FPÖ hat sich der Nationalrat am Donnerstag für die Entwicklung von Prognoseverfahren ausgesprochen, mit denen Kinder vor dem Übertritt in die AHS-Unterstufe oder die Hauptschule getestet werden können. In einer Entschließung wird Bildungsministerin Elisabeth Gehrer (V) aufgefordert, solche Verfahren entwickeln zu lassen. Die Opposition hat sich vehement dagegen ausgesprochen. Gehrer verteidigte das Vorhaben: Eltern müssten besser beraten werden - und dazu wolle man ihnen neben Schulnoten und der Beratung durch den Klassenlehrer ein Prognoseverfahren als Hilfestellung geben. Es gehe darum, das Kind in jene Schule zu schicken, wo es am Besten gefördert wird, "wir wollen keine Schulversager im großen Maße haben, keine frustrierten Schüler in der Unterstufe des Gymnasiums, die mit Nachhilfestunden durchgepeitscht werden müssen". Am Gymnasium Wolkersdorf werde derzeit ein Versuch dazu durchgeführt. Dort werde ein Aufmerksamkeits- und Belastungstest sowie ein Lese- und Rechentest mit den Schülern gemacht. SPÖ-Schulsprecher Dieter Antoni vermutete hinter dem Vorhaben andere Absichten: "Sie wollen Schülerströme umlenken und den Eltern und Kindern das Recht nehmen, das chancenreichere Angebot der AHS-Unterstufe zu wählen", meinte er. Ein Prognoseverfahren werde "der Selektion von Schülern Tür und Tor öffnen". Nicht ganz logisch sind die Überlegungen der Koalition für den Grünen Abg. Dieter Brosz: Einerseits wolle man die Akademikerquote erhöhen, aber andererseits - wie in dem Antrag stehe - die Zahl der Schüler an AHS-Unterstufen reduzieren. Offensichtlich sei es das Anliegen der Koalition, "möglichst früh begabte von unbegabten Kindern zu trennen". ÖVP-Bildungssprecher Werner Amon, der sich ursprünglich sogar für ein Aufnahmeverfahren ausgesprochen hatte, begründete seine Überlegungen damit, dass die Hauptschule aufgewertet werden müsse. Dazu müsse man über das "falsche Prestigedenken reden, dass ein Kind um jeden Preis in die AHS gehen muss". Ein Aufnahme- oder Prognoseverfahren wäre dabei zweckmäßig. Es gehe dabei aber "nicht um das Errichten von Mauern, sondern darum, Kindern jene Ausbildung zu beiten, die sie tatsächlich beenden können". Auch der frühere FPÖ-Bildungssprecher Karl Schweitzer - der ebenfalls für ein Aufnahmeverfahren war - plädierte für die Aufwertung der Hauptschule. Er stellt sich unter einem Prognoseverfahren die Beobachtung durch den Volksschullehrer, kombiniert mit standardisierten Tests und einem Beobachtungszeitraum in der ersten Klasse der Sekundarstufe vor. (APA)