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Großmittel - Eine öde Gstätten mit brauner Steppe - manche Teile des Steinfeldes im südlichen Niederösterreich sehen reichlich langweilig aus. Und doch hat die Gegend ihren Reiz. Manchmal, in der Dämmerung, dringen Spaziergängern in der Nähe des Truppenübungsplatzes Großmittel melancholische Rufe ans Ohr. Dann macht sich einer der seltensten Vögel Österreichs bemerkbar, der Triel. "Ein faszinierender und geheimnisvoller Vogel", meint der Vogelkundler Georg Bieriger: "Er ist fasanengroß, hat ein unauffälliges braun-beiges Federkleid und verschmilzt so, wenn er sich auf die Jagd nach Insekten und Schnecken macht, in der Dämmerung völlig mit seiner Umgebung. Markant sind die weittragenden Rufe, die sich lautmalerisch in seinem Namen wiederfinden." Kaum jemand hat den Triel, einen Meister der Tarnkunst, je beobachtet. Das hängt auch damit zusammen, dass in ganz Österreich (obwohl hier das größte Brutgebiet Mitteleuropas liegt) nur mehr zehn bis zwölf Brutpaare leben. Zwei Drittel des Bestandes konzentrieren sich um die größte Steppeninsel Mitteleuropas: das Sperrgebiet Großmittel. Für eine langfristige Bestandserhaltung ist dies wegen Inzuchtgefahr zu wenig, zusätzlich wird der Lebensraum der Triele immer eingeschränkter. In Deutschland gibt es nur mehr ein bis zwei Paare, die nächsten größeren Bestände findet man erst wieder in Zentralungarn. Lebensraum Steppe So lobenswert Heckenpflanzungen normalerweise für den Vogelschutz sind - der Triel braucht stattdessen eine weite offene Landschaft, in der er Feinde wie einen Fuchs schon von weitem sehen kann. Er muss sich unbemerkt von seinem Nest davonschleichen können, denn seine Eier legt der Triel einfach auf die nackte Erde. Dabei muss der Boden steinig und trocken sein, damit Feuchtigkeit schnell versickert und die Eier nicht beschädigt werden. All diese Bedingungen findet der Triel in der "Extremlandschaft" des Trockenrasengebietes des Steinfeldes, das sich beim Truppenübungsplatz Großmittel noch im Urzustand erhalten hat. 1996 haben die Vogelschutzorganisation BirdLife Österreich und die Niederösterreichische Landesregierung gemeinsam das "Artenschutzprogramm Triel" ins Leben gerufen, das inzwischen auch in der Wirtschaft Sponsoren gefunden hat. Im Wesentlichen wird dabei versucht, durch Zusammenarbeit mit Landwirten, Agrargemeinschaften und Kiesgrubenbetreibern mehr potenzielle Brutplätze und Nahrungsflächen für den Triel bereitzustellen. Innerhalb der bisherigen Projektlaufzeit ist der Triel-Bestand im Steinfeld dabei von fünf bis sechs Brutpaaren (1996) auf derzeit mindestens neun angestiegen. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 23.11.2001)