Wien - Dem Pionier des belgischen Spielfilms Andre Delvaux und dem im September verstorbenen Kanadier und Wahlwiener John Cook, einem stillen Außenseiter des heimischen Films, widmet das österreichische Filmmuseum im Dezember zwei Retrospektiven. Von Delvaux werden alle seine sieben Kinospielfilme, zwei Dokumentationen, eine Semidokumentation und ein Essayfilm über Woody Allen gezeigt, von Cook drei Spielfilme, eine Dokumentation und eine Video-Dokumentation. Delvaux persönlich, der Meister des "realisme magique", hält am 1.12. zur Eröffnung einen Vortrag über sein Werk und seine Auffassung von filmischer Ästhetik. Zwischen Realität und Imagination Delvaux' Ruhm, ja Mythos, gründet sich auf vier zwischen Realität und Imagination angesiedelten Filmen. Sein Spielfilmdebüt "L'Homme au Crane Rase" (Der Mann, der sich die Haare schneiden ließ, eine in drei scheinbar voneinander unabhängige Teile aufgesplittete Geschichte einer amour fou, wurde 1966 von der Fachpresse als "vielleicht die wichtigste kinematographische Entdeckung des Jahres - wenn nicht des letzten Jahrzehnts" gefeiert. Sohn des surrealistischen Malers Paul Delvaux Es folgten die Streifen "Un soir, un train" (Ein Abend, ein Zug), "Rende-vous a Bray" und "Belle", alle in der für Delvaux typischen somnambulen Atmosphäre zwischen Traum und Wirklichkeit. Danach drehte der 1926 geborene Sohn des surrealistischen Malers Paul Delvaux nur mehr drei Kinospielfilme, die außerhalb Belgiens aber kaum bekannt wurden. Neur Ton in der österreichischen Filmlandschaft John Cook, 1953 in Toronto geboren und ab 1968 in Wien lebend und arbeitend, brachte mit seinen zwischen Home-Movie, fiktivem Tagebuch und improvisierter Kinoerzählung angesiedelten Filmen einen neuen Ton in die österreichische Filmlandschaft. "Ich schaff's einfach nimmer" (1972) ist eine Dokumentation über einen wenig erfolgreichen Boxer, der mit einer doppelt so alten Freundin zusammenlebt, die sich als Putzfrau und vielfache Mutter abrackert. Nervenaufreibende Erfahrungen mit Österreichs Fördeinstanzen Nach zwei weiteren Spielfilmen scheiterte die Finanzierung eines vierten Spielfilms bereits 1983 - eine der zahlreichen unliebsamen und aufreibenden Erfahrungen Cooks mit Förderinstanzen in Österreich, die ihn schließlich veranlassten, nach Frankreich auszuwandern. Dort entstand 1990 Cooks letzte Arbeit, eine Video-Dokumentation über einen in Südfrankreich lebenden Stierkämpfer, dort starb er vor zwei Monaten 66-jährig an Herzversagen. (APA)