Wien - "Der Herr Brigadier will, dass alles beim Alten bleibt", ärgert sich der Grüne Peter Pilz über den freiheitlichen Wehrsprecher Wolfgang Jung. "Schade, dass er sich von der FPÖ so an die Leine legen hat lassen." Für Pilz sind die Verhandlungen über eine gemeinsame Sicherheits- und Verteidigungsdoktrin gescheitert. Nach einer angeblichen Einigung auf eine eigenständige europäische Verteidigung in einer Sicherheitsunion sei der FPÖ-Verhandler wieder abgesprungen. "Das Projekt einer gemeinsamen Sicherheitsdoktrin, die über das Ablaufdatum der jetzigen Koalitionsregierung hinausgeht, ist damit gescheitert", sagt Pilz. Er will sich jetzt um eine Drei-Parteien-Einigung mit ÖVP und FPÖ bemühen.

Auch Wolfgang Jung will sich um eine Drei-Parteien-Einigung bemühen. Mit der ÖVP und der SPÖ. "Um Pilz werde ich mich nicht mehr bemühen", sagt er. Die Position der Grünen nennt er "einfach dumm". Jung: "Pilz will ein europäisches Heer unter der Führung Brüssels." Und genau das komme für die Freiheitlichen nicht infrage. "Wir sind für eine verstärkte europäische Kooperation, ich habe auch nichts gegen eine europäische Verteidigungsunion. Die Letztverantwortung für den Einsatz österreichischer Soldaten muss aber in Österreich liegen. Das ist für uns Bedingung, darüber können wir nicht hinaus."

Der nächste Verhandlungstermin ist am Freitag. Jung ist als Vorsitzender des Verteidigungsausschusses Einlader, und Pilz wird - widerwillig - hingehen. "Jung beschimpft mich und Caspar Einem als Fundamentalisten", ärgert sich Pilz. "Das ist doch einer, der gar nicht mehr verhandeln will." Die FPÖ wolle keine europäische Entwicklung, keine Erweiterung, keine Vertiefung, behauptet Pilz. Mit der SPÖ hingegen sieht der Grüne "eine sehr hohe Übereinstimmung". Pilz: "Das ist für einen möglichen Regierungswechsel von Bedeutung. Die Opposition kann sich einigen. Die beiden Regierungsparteien dagegen nicht. Das wird ihr Ablaufdatum beschleunigen."

Offensichtlich werden die Verhandlungen auch von einem persönlichen Moment zwischen Jung und Pilz beeinflusst. Der außenpolitische Sprecher der ÖVP, Michael Spindelegger, bleibt aber gelassen. Er will unvoreingenommen in die Sitzung am Freitag gehen und sich weiter um einer Einigung unter allen vier Parteien bemühen. (DER STANDARD, Print-Ausgabe vom 29.11.2001)