Wien/Innsbruck - "Das Österreichertum", sagt Günther
Rathner von der Innsbrucker
Uni, "ist ein zweischneidiges
Schwert. Nach der Niederlage
des Faschismus war das
überwiegend positiv. Die negative Seite ist, dass man versucht hat, die Geschichte zu
vergessen." Und so sind es gerade die bekennenden Österreicher, Rathner nennt den
Typus "Pseudopatrioten", die
besonders anfällig für autoritäres Denken, für Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus sind.
Das "Erziehungsziel" sei
zumindest teilweise verfehlt
worden, sagt Rathner, der sein
Fachgebiet mit Psychotherapie und Soziologie angibt. Den
politischen Parteien wirft er
vor, politische Bildung vorbei
am Bürger (aber sehr wohl an
den eigenen Interessen orientiert) gemacht zu haben - mit
der Folge, dass auch bei den
politisch Informierten ein hohes Niveau an Ablehnung gegenüber Fremden herrscht:
Fast die Hälfte der Bevölkerung zwischen 15 und 75 Jahren ist nach Rathners Definition "klar fremdenfeindlich".
Zählt man die Neutralen (26
Prozent) zu den nicht Fremdenfeindlichen, ergäbe sich
demnach eine "in der Mitte
gespaltene Gesellschaft".
Dezidiert fremdenfreundlich
sind 26 Prozent, elf Prozent
davon sehr. Hingegen hätten
die 1998 erhobenen 2000 persönlichen Interviews bei 22
Prozent eine hohe und bei 26
Prozent sogar eine sehr hohe
Ablehnung von Ausländern
ergeben, was der Psychologe
als "Feindschaft" deutet.
Mehr als die Hälfte der Österreicher "tut, was verlangt
wird", gibt also dem Einflussfaktor Autoritarismus nach.
Dieser Hang zur Unterordnung gilt Rathner als wichtigster Einflussfaktor für Fremdenfeindlichkeit. Dieser habe
seinen Kern in Unterordnung
und Konventionalismus. (DER STANDARD Print-Ausgabe, 1.12.2001)