Beim Reingehen in die Parfümerie am Graben in der Wiener Innenstadt fällt zunächst auf: Da steht ein Schnauzbart mit Brille, braunes Sakko, und mustert die Eintretenden stechenden Blickes, schmallippig. Geschäftsführer? Detektiv? Schließlich verfolgt er mich sogar in den Keller, in die Damenparfümabteilung. Marionnaud-Chef Marcel Frydman, anlässlich des offiziellen Marktstarts der übernommenen und danach umgemodelten Impo-Parfümerien kürzlich in Wien, spricht am liebsten von Management by "l'amour", der Liebe, die er seinen Kundinnen entgegenbringt, ebenso wie seinen Mitarbeiterinnen und den Düften, die er verkauft. Offensichtlich weiß er nichts vom Mann im braunen Sakko, der die liebevollen Direktiven noch zu verinnerlichen hat. Doch im neuen Geschäft schaut die Sache wieder ganz anders aus: freundliche Damen, interessanterweise ähnlich gekleidet wie das Verkaufspersonal beim Hauptkonkurrenten Douglas, konterkarieren den seltsamen Empfang. Darüber hinaus erfreulich: Marionnaud bietet eine "Bestpreisgarantie", soll heißen: "Wir lassen Ihnen die Differenz nach, wenn Sie irgendwo ein Parfüm billiger gesehen haben." Das Sortiment der ehemaligen Impos wurde erweitert, Marionnaud will sich nicht als reiner Diskonter sehen. Das Angebot wird um prominente Marken wie Estée Lauder, Clinique, Chanel, Shiseido und Issey Miyake erweitert, insgesamt stieg die Zahl der geführten Artikel von vorher 4000 auf 9500 Produkte. An den Niedrigpreisen soll sich nichts ändern. Marionnaud hat mit der Gratwanderung zwischen Harddiskonter und Fachparfümerie eine knallharte Erfolgsstory hinter sich: Binnen kürzester Zeit hat sich das Unternehmen zur größten Parfümerie-Kette Frankreichs und zum wichtigsten Player in Europa - nach dem deutschen Douglas-Konzern - gemausert. Die Geschichte begann 1984, als der 1931 in Paris geborenen Frydman im Jahre 1984 - damals also schon in einem Alter, in dem viele ihre Unternehmerkarriere bereits hinter sich haben - für seine Frau eine kleine Parfümerie kaufte. Frydman, eigentlich Spezialist für Lagerverkäufe, gibt zu: "Ich hatte damals keine Ahnung von Parfümerien." Wovon er allerdings etwas verstand, war Warenbestände zu bewirtschaften. Was dazu führte, dass er die lokalen Duftwasserhändler mit Billigstpreisen aufzumischen wusste. In den 80er-Jahren zählten Parfüms noch zu "Luxusartikeln", was Frydman heute mit Gauloise-Stimme von sich weist: "Parfüms sind keine Luxusartikel, sondern Gebrauchsgüter mit großen Namen darauf." Nach acht Jahren besaß er bereits ein Dutzend Parfümerien, 1996 waren es dann 48. In diesem Jahr bot sich die Gelegenheit, die umsatzstärkere, aber verlustbringende Kette Marionnaud zu übernehmen. Nicht einmal ein Jahr danach war Marionnaud wieder in der Gewinnzone. Der Markenname war trotz allem nicht angepatzt, also wurde er für das gesamte Unternehmen verwendet. Innerhalb der nächsten drei Jahre verfünffachte sich die Zahl der Filialen. 1998 ging Frydman an die Börse in Paris. Heute hat Marionnaud dank Firmenübernahmen, etwa in Italien oder der Schweiz, 825 Filialen, den Großteil aber in Frankreich. In Österreich wurden vor zwei Wochen die ehemaligen Impo-Standorte auf Marionnaud umgestellt - gekauft wurde die Kette ja schon Ende 2000 von der Schweizer Bon-Appetit-Gruppe. Für die Übernahme der Holzer-Parfümerien gaben die Kartellbehörden wenige Tage später Grünlicht, auch diese werden Mitte Dezember umgestellt. In der österreichischen Parfümerie-Szene erregte die Impo-Übernahme einiges an Aufsehen. Denn schon Impo hat eine bemerkenswerte Expansion in Österreich hinter sich. Zwischen 1993 und 2000 stieg die Zahl der Geschäfte österreichweit von null auf 52, so wurde man mit 18 Prozent Marktanteil die Nummer zwei hinter Douglas, der mit 31 Filialen umsatzmäßig ein Viertel des Marktes besitzt. Gemeinsam mit den Holzer-Standorten ist Marionnaud den Deutschen nun hart auf den Fersen. Und auf die Frage, ob er sich weitere Übernahmen vorstellen könne, meint der 70-Jährige: "Warum nicht?" derStandard/rondo/7/11/01