Graz - Als erste österreichische Stadt wurde Graz am Mittwoch mit dem UNHCR-Preis 2001 für Flüchtlingsarbeit ausgezeichnet. Karola Paul, die Vertreterin des UNHCR für Österreich, überreichte dem Grazer SP-Bürgermeister Alfred Stingl den mit 100.000 Schilling (7267,28 EURO) dotierten Preis, den bisher ausschließlich Nichtregierungsorganisationen oder Privatpersonen erhielten.

"Es mag politisch opportun sein, Asylwerber und Flüchtlinge als Schmarotzer und Gefahrenquelle zu denunzieren. Die Grazer Kommunalpolitiker mit Alfred Stingl an der Spitze sind dieser Verlockung nicht erlegen", begründete Paul die Entscheidung des UN-Flüchtlingshochkommissariates. Graz sei Vorbild für Menschlichkeit und Toleranz.

Tatsächlich unterscheidet sich die Grazer Flüchtlingspolitik von jener anderer Bundesländer. Unversorgte Asylwerber, die ja während ihres Verfahrens nicht arbeiten dürfen, haben nur in Graz Rechtsanspruch auf Unterbringung und Verpflegung. Was für die rund zwei Drittel, die keine Bundesbetreuung erhalten, entscheidend ist. Stingl gab trotzdem das Lob für seine Stadt und das Preisgeld an sieben Grazer Hilfsvereine weiter, weil diese "den Großteil der Arbeit mit Flüchtlingen leisten".

Netzwerk für Migranten

Die Caritas, Danaida, ein Verein für ausländische Frauen, Isop, eine Organisation, die vor allem Beschäftigungsprojekte anbietet, Omega, ein Verein für Gewaltopfer, Zebra, der Verein, der mit rechtlicher und sozialmedizinischer Beratung die erste Anlaufstelle für Asylwerber in der Steiermark ist, das Afrikahaus und die Flüchtlingshilfe der Evangelischen Kirche bilden ein effizientes Netzwerk für die Migranten.

Angesichts neuer Vorurteile gegenüber muslimischen Mitbürgern nach dem 11. September stellte die UNHCR-Vertreterin fest: "Weder die Flüchtlingskonvention noch das Asylgesetz schaffen einen sicheren Hafen für Terroristen." Und Stingl, in dessen Stadt Menschen aus über 140 verschiedenen Ländern zusammenleben, strich die Aufklärung, "wo es zu wenig Wissen gibt, als bleibende Aufgabe für die Politik" heraus.

Nach der Preisverleihung wurde im Stadtzentrum, am Jakominiplatz, die sprachlich kulturelle Skulptur "Hello Graz" von Max Aufischer eröffnet. In den Auslagen des "Scheiner-Hauses" hängen Porträts von Wahlgrazern mit 130 verschiedenen Nationalitäten. Unter den Fotos findet man die Begrüßungsformel "Guten Tag" in der jeweiligen Muttersprache und den Hinweis, um welche Sprache es sich handelt. Auch in den Straßenbahnen kursieren die Begrüßungsformeln als "internationale Sprachkuriere". (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 13.12.2001)