Im Supermarkt eine Dose: "Christmas Pudding (Einfache Version)". Die Frage: Heißt es "Alternative" oder "Version"? Version ist die oft weniger ernst genommene, schwächere und schattenhaftere Spielart der Alternative, die sich kaum als Spielart begreift. Sie ist gezwungen, sich auf das Spiel einzulassen. "Version" aber klingt nicht nach Konsequenz, diese Version, beim Pudding, noch weniger, sie ist auch noch zufälliger, fast abwertend und ruhmlos. Und welche Konsequenz von Weihnachten ist ruhmloser als ein Pudding? Man begreift Pudding diesseits und jenseits des Ärmelkanals sehr divergent: Als schwere und meist zu frühe Krönung eines Festes und Scheitelpunkt oder als ein leichtes Nichts, das ihm erst auf die Sprünge hilft, wenn diejenigen schlafen, die es betrifft. Am Morgen darauf wird jede Enttäuschung leichter heruntergespielt oder die Ernüchterung als Vorgabe, fast als Geschenk begriffen. Weihnachten und danach: das grellere Licht, die schärfere Luft, der Weihnachtsspaziergang und das ausbleibende Knirschen von Schnee unter den neuen Schuhsohlen, die den Weg noch erleichtern, zum Tauwetter und zu spätem Frost, bis zu Zielvorstellungen, die sich gewachsen sind, weil sie auch Rückschläge in Kauf nehmen und schwierige Etappen. Katzen und Omas Die Elternfiguren in den neuen Puppenstuben werden nun bald eher bemitleidenswürdig und leichter zu handhaben, die Schwierigkeit, ihnen ausreichende Themen für Gute-Nacht-Geschichten zuzumuten, wird ernster genommen: Geschichten von Großmüttern und Katzen in Puppenhäusern und alles, was daraus werden kann, Gedanken an die Ferne, die ihnen zusteht. Der Aufbruch kommt in Sicht, Januar, Februar, vielleicht neue Märzrevolutionen. Die Schneewolken haben dann für eine Weile verspielt, der Frühjahrsregen noch lange nicht, es wird wieder ein Dezember kommen, dieser fliegt vorbei, vielleicht bleibt der nächste haften. Die heißen Pfefferminzpasteten sind dann leicht vergessen, selbst der Glühwein danach, Möglichkeiten werden skeptischer durchdacht, andere übersprungen, der leichtere Himmel gibt nicht jeder Chance recht, lässt die übersprungenen glänzen und macht sie stark. Die Geschäftigkeit nimmt kurz ab, die Stechpalmen auf dem Puppenschrank werden dürr. Die Rezepte für den Plumpudding sind nicht nur für eine Weile vergessen, die eingefetteten Puddingformen springen, die Hitze ist reduziert, und die Durchlässigkeit steigt. Die üppigere Version des Plumpuddings - sie wird schon sechs Wochen vor Weihnachten für zehn oder zwölf Personen zurechtgestellt - hat längst an einem kalten, trockenen, luftigeren Ort Zuflucht gefunden und wartet nicht mehr darauf, auch nur berührt zu werden. Nur wenige hängen noch der Lust an Mintdrops nach. Die Glücksbringer aus dem gestürzten Wackelpudding erwarten viel spätere Chancen, sie haben Geduld gelernt. Nicht nur der berüchtigte englische Frühling ist dann in Sicht. Und nicht nur die englische Krankheit, auch ihre Gesundheit wird bedrohlich und macht den nächsten Unglaubwürdigkeiten Platz. Und einigen langfristigen Siegen, die langfristigen Rettungsmöglichkeiten auf die Beine helfen. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 14. 12. 2001)