Wien - Landeshauptmann Jörg Haider (F) will das jüngste Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes (VfGH) zu den Minderheitenrechten nicht zur Kenntnis nehmen. Nach diesem Erkenntnis ist die Bestimmung, zweisprachige Ortstafeln erst ab einem Anteil von 25 Prozent der Einwohner an der jeweiligen Volksgruppe anzubringen, verfassungswidrig. SPÖ und Grüne forderten von Haider, die Verfassung zu akzeptieren. Auch seitens der ÖVP wurde verlangt, das Erkenntnis umzusetzen.Haider selbst wies zuletzt die Kritik des Brüsseler Minderheitenbüros zurück. Das Büro werde mit österreichischem Geld finanziert und habe sich jeglicher politischer Stellungnahme zu enthalten, meinte er. Zuvor hatte der Generalsekretär des europäischen Büros für Sprachminderheiten in Brüssel, Markus Warasin, betont, dass die Reaktion Haiders den Grundwerten der europäischen Integration widerspreche. Der Verfassungsrechtler Heinz Mayer erklärte, das VfGH-Erkenntnis bezüglich zweisprachiger Ortstafeln müsse "selbstverständlich" auch von Haider akzeptiert werden. Der VfGH sei die höchste Instanz und "bindend für alle". Was die von Haider angekündigte Volksbefragung zu diesem Thema in Kärnten betrifft, meinte Mayer, diese habe "rechtlich keine Bedeutung. Man kann nur politisch Dampf machen." Nationalratspräsident Heinz Fischer (S) sagte, der Rechtsstaat könne nicht an den Kärntner Landesgrenzen Halt machen. SPÖ-Europasprecher Caspar Einem hielt Haider vor, sich rechtlich ins Out zu begeben. Allerdings teilt der Kärntner SPÖ-Chef Peter Ambrozy "derzeit" nicht die Linie der Bundespartei. Er fordert einen Runden Tisch für Volksgruppenfragen, wobei Vertreter der Landesparteien, der Volksgruppe und der Heimatverbände ein gemeinsames Vorgehen betreffend Ortstafeln festlegen. Schüssel soll sich einmischen Der Grüne Bundessprecher Alexander Van der Bellen forderte Bundeskanzler Wolfgang Schüssel (V) auf, Haider zur Räson zu rufen. Schüssel müsse Haider zur Einhaltung des VfGH-Erkenntnisses auffordern. Es stelle sich auch die Frage, was Justizminister Dieter Böhmdorfer (F) als Hüter der Verfassung dazu sage. Der Minderheitensprecher der ÖVP, Christof Zernatto, meinte zu Haider, das Thema eigne sich absolut nicht für Hüftschnellschüsse. Das VfGH-Erkenntnis sei rasch umzusetzen. Logischer Weise in möglichst enger Kooperation mit dem Land Kärnten. FPÖ-Klubchef Peter Westenthaler bezeichnete das VfGH-Erkenntnis als "skurril". Keinesfalls werde es eine Gesetzesänderung geben, die zum Nachteil Kärntens ausfallen würde. Er verlangte eine umfassende Diskussion im Parlament. (APA)