Kärnten
Kärntner Volksgruppenpolitik: Alles wieder offen
Die kurze Hoffnung auf ein Konsensklima ist vorbei - Minderheitenpolitik als großes Versprechen
Klagenfurt - Die Zeit der Sanktionen war für die Kärntner
Slowenen eine Zeit der besonderen Hoffnung. Österreich stand international unter Beobachtung, vor allem die
Minderheitenpolitik. Die drei
Weisen bereisten Kärnten,
Landeshauptmann Jörg Haider versicherte, dass er unverzüglich das laut Volksgruppengesetz 1976 noch ausständige Drittel zweisprachiger
Ortstafeln aufstellen lassen
werde, versprach der Volksgruppe eine eigene Vertretung
im Kärntner Landtag und
zweisprachige Kindergärten.
Das Konsensklima mit der
Volksgruppe, die solche Signale gerne hörte, wurde hervorgehoben, die Lösung der
anstehenden Forderungen
und Wünsche der Kärntner
Slowenen am runden Tisch
von beiden Seiten gelobt. Einige wenige Ortstafeln wurden später auch tatsächlich
aufgestellt.
Mit Einverständnis und Unterschrift Jörg Haiders und des damaligen FPÖ-
Obmanns Jörg Freunschlag,
sowie aller Parteiobmänner,
Slowenenvertreter wie aus
dem Protokoll der Ergebnisse
des Runden Tisches vom 8.
Mai 2001 hervorgeht.
Freunschlag, die Chefs von
Abwehrkämpferbund und
Heimatdienst Fritz Schretter
und Josef Feldner sollten gemeinsam mit den Slowenen
"Überzeugungsarbeit" für die
Aufstellung weiterer zweisprachiger Ortstafeln leisten.
Die Bevölkerung nahm die
neuen zweisprachigen Tafeln
kaum zur Kenntnis. Bis der
ORF darüber berichtete und
Haider die Aktion stoppte. Das
regte die Slowenenvertreter
freilich nicht weiter auf, hoffte
man doch auf die Umsetzung
der übrigen Zusicherungen
des am Runden Tisch gemeinsam vereinbarten Pakets betreffend Kindergärten, Absicherung der Volksgruppenradios, Volksgruppenmandat.
Am Runden Tisch wurde aber
auch vereinbart, den Weg des
Dialogs einer Auseinandersetzung über den Rechtsweg vorzuziehen.Konkret beschlossen wurde
vom Land Kärnten bis heute
aber nur das Gesetz über zweisprachige private Kindergärten - öffentliche waren nie ein
Thema für die Landespolitik -,
das ab 1.
1.
2002 in Kraft treten soll. Dabei verpflichten sich
Land, Sozialministerium und
Bundeskanzleramt, die Abgänge zu übernehmen.Das slowenische Medienprojekt Radio Dva, bei
dem der ORF den beiden Slowenensendern Radio Agora
und Radio Korotan ein Zwölfstundenprogramm finanziert,
ist bislang nur als Pilotprojekt
angelegt, das mit Jahresende ausläuft. Die Schaffung des
versprochenen Landtagsmandats und/oder eine minderheitenfreundliche Senkung der
Einzugshürde in den Landtag
verzögert sich immer wieder.
Der Bund wurde einzig bei
der Ausweitung des
Slowenischunterrichts auf die
vierte Schulstufe tätig, weil
ihn ein Verfassungserkenntnis dazu zwang. Bei der ebenfalls durch den VfGH gekippten Amtssprachenverordnung
hat der Bund die Frist (30.
4.
2002) für eine Reparatur des
Volksgruppengesetzes bereits
verstreichen lassen. Durch
den Streit um die Ortstafeln ist
nun alles wieder offen. (stein/DER STANDARD, Print-Ausgabe, 19. Dezember 2001)