Frauenminister Herbert Haupt ist Anhänger einer Politik der zwei Geschwindigkeiten. Bei manchen Angelegenheiten reagiert er sehr schnell. Neben den vielen Frauen beschweren sich auch manchmal Männer bei der Gleichbehandlungsanwaltschaft? - Ein großes Problem, findet Haupt, rasch wird die neue Männerabteilung ins Leben gerufen und besetzt. Neben vielen Frauen leiden auch Männer unter den finanziellen und sonstigen Folgen von Scheidungen? - Ein ernstes Anliegen, glaubt Haupt, flugs initiiert die Männerabteilung eine Studie, deren Titel "Risikogruppe männliche Scheidungsopfer" schon ein wenig die Ergebnisse vorwegnimmt.

So eilig es Haupt hat, tatsächliche oder vermeintliche Benachteiligungen von Männern in Angriff zu nehmen, so sehr lässt er sich Zeit, wenn es um Angelegenheiten geht, die vor allem Frauen betreffen. Das Gleichbehandlungsgesetz etwa stünde seit langem zur Novellierung an, weil die Schadenersatzansprüche in Österreich mit 5000 Schilling im EU-Vergleich viel zu niedrig sind - die große Novelle ist sich aber leider noch nicht ausgegangen.

Aber nicht einmal diese geringen Schadenersatzzahlungen können Frauen, die sich wegen sexueller Belästigung oder sonstiger Missstände an die Gleichbehandlungskommission wenden, derzeit zugesprochen werden: Liegen doch alle Fälle auf Eis, weil die Kommission seit Mai nicht tagen kann. Die alte Vorsitzende ist aus dem Amt geschieden, nur sie kann Sitzungen einberufen, und Haupt ist seit Monaten leider, leider nicht dazu gekommen, eine neue zu bestellen.

Kein Wunder - hat er doch genug damit zu tun, bei Männerangelegenheiten Tempo zu machen. Für Frauenangelegenheiten bleibt da nur noch übrig, auf der Bremse zu stehen. (DER STANDARD, Print vom 19.12.2001)