Wien - Der Fachhochschul-Sektor in Österreich boomt seit dessen Start im Jahr 1994/95. Immer mehr Studiengänge (derzeit 93) ziehen immer mehr Studenten an (derzeit 14.438). Eine der Zielsetzungen für diesen Bildungsbereich kommt bei dieser rasanten Entwicklung offensichtlich unter die Räder: die Durchlässigkeit. Immer wieder wurde betont, dass Fachhochschulen (FH) auch jungen Menschen ohne Matura offen stehen und FH-Absolventen an der Uni weiterstudieren können. Die Realität sieht anders aus: Der Anteil der FH-Studenten mit Lehrabschluss sinkt ständig, nur ganz wenige gehen nach der FH an die Uni. Wie aus den Statistiken des Fachhochschul-Rates (http://www.fhr.ac.at) hervorgeht, waren 1995/96 noch 4,6 Prozent der FH-Studenten Lehr-Absolventen, im laufenden Studienjahr sind es nur noch 2,4 Prozent. Auch bei anderen Studentengruppen ohne Matura gibt es eine ähnliche Entwicklung: 1995 kamen 2,2 Prozent von einer facheinschlägigen berufsbildenden mittleren Schule (BMS), 1,9 Prozent hatten die Studienberechtigungsprüfung und 1,1 Prozent waren Absolventen einer Werkmeisterschule. Im Vergleich dazu sind kommen im laufenden Studienjahr nur noch 0,7 Prozent von einer facheinschlägigen BMS und 0,3 Prozent von einer Werkmeisterschule, 1,7 Prozent hatten eine Studienberechtigungsprüfung. Diese Entwicklung widerspricht einem Beschluss des FH-Rates, wonach die FH-Erhalter bei der Aufnahme von Studenten nicht nur leistungsbezogene Kriterien heranzuziehen haben. Auch die Vorbildung sollte entsprechend berücksichtigt werden und die Aufnahmen aliquot zur Bewerberzahl nach verschiedener Vorbildung erfolgen. An Interesse mangelt es jedenfalls nicht: 1.173 Bewerber ohne Matura wurden im laufenden Studienjahr gezählt, 429 wurden tatsächlich aufgenommen. Der Chef der Fachhochschul-Konferenz, Werner Jungwirth, bestätigt diese Tendenz. An "seiner" FH in Wiener Neustadt habe es beispielsweise im betriebswirtschaftlichen Studiengang 1994 noch 20 Prozent Studenten ohne Matura gegeben, mittlerweile seien es zwei bis drei Prozent. Der Hintergrund dieser Entwicklung liegt für Jungwirth eindeutig bei den mangelnden Kenntnissen der Bewerber ohne Matura. "Vor allem bei den Sprachen und bei Mathematik hapert es", erklärte er gegenüber der APA. Und spezielle Vorbereitungslehrgänge für Interessenten ohne Reifeprüfung, die von der FH Wiener Neustadt angeboten wurden, seien mangels Interesse wieder eingeschlafen. Auch nach Abschluss der FH gibt es nur wenig Durchlässigkeit. Nach Auskunft des FH-Rats beginnen nur 1,7 Prozent der FH-Absolventen ein Doktoratsstudium an einer Universität. Wie aus ersten Daten einer Absolventen-Befragung hervorgeht (Stand bis Ende 2000), haben von 1.017 befragten Absolventen 17 den Sprung an die Uni gewagt. Im FH-Rat wird dieses Umfrageergebnis als repräsentativ gewertet. (APA)