Hamburg - Der Beach-Boys-Gründer Brian Wilson hat sich in den jahrelangen Streit um den Namen seiner früheren Band eingemischt und den Sänger Mike Love seinem früheren Mitstreiter Al Jardine vorgezogen. "Ich glaube, dass Mike den Namen führen sollte", sagte Wilson und gab damit seine bisherige Neutralität auf. Ein amerikanisches Gericht hatte Jardine im Februar verboten, unter dem Namen Beach Boys auf Tournee zu gehen. Jardine wiederum hatte die Besetzung mit Mike Love und Bruce Johnston als "Fälschung" bezeichnet. Angebote Loves, wieder mit den Beach Boys zu spielen, würde Wilson aber ablehnen. "Ich trete lieber solo auf", sagt er. Brian Wilson, dessen Kreativität die Band all die großen Hits verdankt, hat jedoch die Beach Boys keineswegs aus seinem Repertoire gestrichen. Wenn er im Jänner zum ersten Mal solo durch Europa tourt, will er viele der großen Beach-Boys-Klassiker von "Good Vibrations" über "Do It Again" bis hin zu "California Girls" spielen und diese in bisher ungekannter Perfektion und teilweise sogar achtstimmig vortragen. "Wir werden besser klingen als die Beach Boys jemals waren", verspricht der 59-jährige Amerikaner. Image eines wortkargen Einzelgängers In den 70er Jahren hatte Wilson nach den großen Beach-Boys- Erfolgen das seelische Gleichgewicht verloren und war lange therapiert worden. Mitte der 80er Jahre erschien er wieder auf der Bildfläche, pflegt seitdem aber das Image eines wortkargen Einzelgängers, der täglich drei Kilometer im Park joggt, ansonsten aber zurückgezogen mit seiner Frau in Los Angeles lebt. Wie sehr ihn die Popwelt, die ihm in den 60er Jahren nicht nur die Popularisierung des Surf-Sounds, sondern auch die Erfindung revolutionärer Sounds verdankte, in den Jahren seiner Abwesenheit vermisst hatte, zeigte sich in den Ehrungen, die ihm berühmte Kollegen zuteil werden ließen. Elton John nannte Brian Wilson den bedeutendsten noch lebenden US-Komponisten, und Paul McCartney war vom Beach-Boys-Album "Pet Sounds" in den 60ern so begeistert, dass er später jedem seiner Kinder ein Exemplar schenkte - zu Erziehungszwecken. "Ich glaube niemand ist musikalisch reif, bevor er nicht dieses Album gehört hat", begründete der Ex-Beatle die ungewöhnliche Maßnahme. "Ich fühle mich ungeheuer geehrt, dass ich diesen Menschen so viel bedeute. Wenn ich das höre, fühle ich mich sehr wichtig", sagt Wilson. Dass kürzlich US-Forscher einen neu entdeckten Stern nach ihm benannten, hatte Wilson noch gar nicht mitbekommen, obwohl es auf seiner eigenen Internet-Seite vermerkt steht. "Ist das wirklich so? Das ist ja wundervoll", sagt er ungläubig. Live-Album Für Wilson, der den Titel "California Girls" als seine beste Komposition bezeichnet, ist es heute anstrengender als in den 60er Jahren, neue Songs zu schreiben. "Ich habe schon so viele Songs geschrieben, dass es mir schwer fällt, noch neue zu finden, aber ich versuche es weiter. Mit einem neuen Wilson-Studio-Album sei vorerst nicht zu rechnen. Stattdessen erscheint zur Europa-Tournee das bereits in Amerika veröffentlichte Live-Album "Live At The Roxy Theatre", das neben vielen Beach-Boys-Klassikern auch etliche Brian-Wilson-Lieder und den Phil-Spector-Song "Be My Baby" enthält. "Dieser Song hat mich zum Rock'n'Roll gebracht", gesteht Wilson. "Er ist so dicht und so tief, den werden wir auf jeden Fall auch im Konzert spielen, auch wenn wir nie den großen Sound von Phil Spector erreichen werden." (APA)