Wien - Wienstrom führt ihre Kunden bei der Kennzeichnung der Herkunft des Stromes an der Nase herum. Zwar wird der Anteil der Atomenergie mit null angegeben, einen Nachweis könnte der Versorger aber nicht erbringen: Wien hat - ebenso wie das Land Salzburg - nämlich noch immer keine Kennzeichnungsverordnung erlassen, wie gemäß den Durchführungsbestimmungen zum Stromgesetz Elwog vorgesehen, bestätigt Österreichs oberster Stromregulator Walter Boltz. "Es gibt kein Instrumentarium für das Labelling, die Wiener bewegen sich im rechtsfreien Raum. Die ausgewiesenen Zahlen sind reine Beliebigkeit". Dem Chef der E-Control selbst sind die Hände gebunden, dagegen vorzugehen, weil die Stromkennzeichnung ebenso Landessache ist wie etwa Öko-Zuschläge. Dazu kommt, dass es für den Beschluss der Kennzeichnungsverordnung keine Frist gibt. Seit Oktober 2001 müssen alle Stromhändler, die in Österreich an Endkunden liefern, den Anteil von Atom-, Kohle-, Wasser- und Ökostrom auf der Stromrechnung ausweisen. Um Etikettenschwindel zu verhindern, müssen die Angaben der Lieferanten durch gerichtlich zertifizierte Sachverständige bestätigt werden. Derzeit gibt es in Österreich je nach Ländern zwei Ansätze: Produktlabelling, sprich die Stromfirmen weisen die Anteile der verschiedenen Energieträger entsprechend der Erzeugung und dem Einkauf aus. Die zweite Möglichkeit ist das Händlerlabelling: Hier erfolgt die Zuordnung nach der insgesamt zugekauften Energie. "Während die großen Anbieter die Kennzeichnung durch die Gründung von Töchtern umgehen, die jeweils sortenrein einkaufen, sind die kleinen Firmen benachteiligt", erläutert Boltz. Beispiel: Wien Strom plant die Gründung einer Gesellschaft, die "Naturstrom" produzieren und vermarkten soll. Föderale Auswüchse

Ob es künftig eine bundesweit einheitliche Kennzeichnungsregelung geben wird, ist noch offen. Zumindest bei der erneuerbaren Energie soll es eine Vereinheitlichung geben: Auf Initiative der Länder soll eine bundesweite Festlegung der Zuschläge für Kraft-Wärme-Kopplung (KWK), Ökozuschläge und Kleinwasserkraft kommen. Uneinigkeit gibt es aber darüber, ob die Umwelt_aufschläge in Folge auf ganz Österreich umgelegt werden. Massiv dagegen sind die westlichen Bundesländer unter Führung des Vorarlberger Energiesprechers Karlheinz Kopf (VP). (Clemens Rosenkranz, Der Standard, Printausgabe, 22.12.2001)