Wien - Die Regierung sei dabei, Stein für Stein einen "autoritären Untertanenstaat" zu errichten, erklärte der geschäftsführende Klubobmann der SPÖ, Josef Cap, im Gespräch mit der APA. Momentan befinde man sich in einer "Phase des Radikalproporzes" und sei auf dem "schleichenden Weg in die Dritte Republik". "Ich mache mir Sorgen um die demokratische und politische Kultur" in Österreich, sagte Cap. Offenbar orientiere man sich am US-amerikanischen System, wo nach jeder Präsidentenwahl zehntausende Posten umbesetzt würden. Aufteilung in Schwarz-Blau Die Aufteilung des Staates in schwarz-blau schreite zügig voran. Als Beispiele führte Cap die "so genannten Reformen" von Innenminister Ernst Strasser (V) im Bereich der Polizei an, des weiteren die Veränderungen in der staatsnahen oder staatlichen Wirtschaft, wo "willkürlich bewährte Manager frei gesetzt werden". Um den Präsidenten des Hauptverbands der Sozialversicherungsträger, Hans Sallmutter, abzusetzen, sei überhaupt ein eigenes Gesetz geschaffen worden. Ein weiteres Beispiel sei der ORF. Regierung und die Gewerkschaften Dieses Vorgehen sei "in der Zweiten Republik einmalig" und nicht einmal mit der Proporzära der "alten Großen Koalition der sechziger Jahre vergleichbar". Das politische System in Österreich werde dadurch radikal verändert. Das wiederum spüre man auch in anderen Bereichen. Stichwort Sozialpartnerschaft - die Regierung habe eigentlich an der Existenz der Gewerkschaften und der Arbeiterkammer gerüttelt. Erst durch die ÖGB-Urabstimmung sei diesem Ansinnen eine abschlägige Antwort erteilt worden. "Letztlich wollten und wollen die Regierungspartner auch die Sozialpartnerschaft umdefinieren", so Cap. Statt gleichgestellten Partnern müssten sich Arbeitgeber und -nehmer nun gegenüber der Regierung als Bittsteller geben. Und auch im Verhältnis von Arbeitgebern zu Arbeitnehmern seien letztere in die Bittsteller-Rolle gezwängt. Politisierung des Beamtentums Was die Mitarbeiter in den Ministerien betreffe, "hätten sie am liebsten eine Politisierung des Beamtentums". So sei auch die Forderung nach gänzlicher Abschaffung der Pragmatisierung zu deuten. Die Mitarbeit der Opposition werde nach Kräften eingeschränkt. Immer mehr Materien würden dem Nationalrat in Form von Initiativanträgen vorgelegt, Begutachtungsfristen würden, so sie überhaupt eingeräumt werden, kurz gehalten. Berichte würden zur Enderledigung den entsprechenden Ausschüssen zugewiesen und damit der Debatte im Plenum des Nationalrats entzogen. "Der Untertan" In dieses Bild passe auch die aktuelle Debatte um das Ortstafel-Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes (VfGH): dem Kärntner Landeshauptmann Jörg Haider (F) passe ein Urteil nicht und schon werde über ein neues Besetzungsverfahren für VfGH-Richter debattiert. "Das ist die Grundeinstellung dieser neuen politischen Wendekultur. Die Institutionen der Republik sollen zum Untertan gemacht werden." Die Regierung sei angetreten, um einen Modernisierungsschub anzutreten - doch das sei alles andere als modern. "Das ist eigentlich 18./19. Jahrhundert." Bezeichnend sei in diesem Zusammenhang, dass sich die Regierung von Seiten der Rechtsanwälte bereits den Vergleich mit dem Metternisch'schen Überwachungsstaat gefallen habe lassen müssen. Da passe es gut, dass Bundeskanzler Wolfgang Schüssel (V) ausgerechnet im "Klemens Fürst Metternich"-Zimmer sitze. Insgesamt zögen die beiden Koalitionspartner in Sachen Untertanenstaat zwar an einem Strang, gleichzeitig gebe es aber auch ein Konkurrenzverhältnis zwischen Wolfgang Schüssel und Jörg Haider, analysierte Cap. Den wesentlichen Faktor, den die ÖVP der FPÖ in Sachen "Radikalproporz" voraus habe, sei, "dass sie schon überall drinnen waren". "Der parteipolitische Postenbesetzungsweltmeister ist die ÖVP", so der SPÖ-Klubobmann. (APA)