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Foto: APA/Dombauhütte St. Stephan

Kaum jemand weiß, dass sich hinter den Mauern des 854 Jahre alten WienerStephansdomsein höchst erstaunlicher Lebensraum verbirgt. Georg Riha und seinFilmteam haben sich für die aufwändige "Universum"-Dokumentation "St.Stephan – der lebende Dom" auf eine naturwissenschaftliche Expeditiongemacht – von den Grundmauern des Doms bis zur Spitze des 136 Meterhohen Südturms. Dabei stießen sie auf eine wundersame Tier- undPflanzenwelt: Raubtiere, exotische Schmetterlinge, Bärtierchen undandere mikroskopisch kleine Vertreter der so genannten"Weihwasserfauna", Moose, Flechten, sogar meterhohe Bäume.

Der technische Aufwand, mit dem das Filmteam arbeitete, übertraf denüblichen Rahmen bei weitem. So ließen Riha und sein Team etwatonnenschwere Kameraroboter durchs Mittelschiff gleiten oder einenmit einer ferngesteuerten Kamera bestückten Zeppelin über dem Domschweben, um das Treiben der Turmfalken hautnah zu beobachten.Alljährlich im Frühjahr nisten diese auf den höchsten Zinnen undstürzen sich von dort auf so manche arme Kirchenmaus, die sich ausden Katakomben ans Tageslicht wagt. Für spektakuläre Bilder sorgenauch eine Kameraseilbahn, die Fahrten vom Sockel bis zur Spitze desDomes ermöglicht, und in den entlegensten Winkeln postierteZeitrafferkameras.

Baumbewuchs

Für Birken, die Pioniere der Pflanzenwelt, ist kein Dach zu steil,kein Turm zu hoch. Aber auch der große Götterbaum neben demalbertinischen Chor bewegt sich sanft im Wind. An seinen Ästenpendeln Schmetterlingskokons wie Girlanden an langen Schnüren: essind die Winterquartiere der prachtvollen Ailanthusspinner. Diesechinesischen Riesenfalter kamen gemeinsam mit dem Götterbaum aus demFernen Osten in die Wiener Innenstadt. Hier ist es jeneentscheidenden Zehntelgrade wärmer als in den Außenbezirken, die denFaltern das Überleben sichern.

Wenn der Dom im blauen Schatten der Nacht versinkt und die Glockenzur Abendmesse läuten, erwachen die Fledermäuse in den Mauernischen.Im Lichtkegel der Straßenlaternen stellen sie Insekten nach, währendein Steinmarder durch das Winkelwerk zwischen Türmen und Dachkantenschleicht. Stößt er auf ein Taubennest, schnappt er sich die Eier undverschwindet im Schatten der gotischen Bögen. Zu den Bewohnern desDoms gesellen sich zuweilen auch Besucher: Ein Wanderfalke, seitwenigen Jahren wieder in der Großstadt heimisch, lässt sich auf denZinnen des Südturms nieder und späht nach Tauben. Sobald eine insVisier gerät, steigt der Greifer auf und stößt mit mehr als 300Stundenkilometer auf seine Beute nieder. Unbemerkt von den am Domvorbeiflanierenden Touristen, rupft er seine Beute in einer Nische in80 Meter Höhe. (red)