Köln - Brombeersaft und Blütenstaub als Farbe,Skulpturen aus Fett oder Schokolade, Installationen mit Nachkriegs-Elektronik: Zeitgenössische Künstler arbeiten gerne mitungewöhnlichen Materialien. Der Erhalt dieser Kunstwerke ist jedochso schwierig wie abwechslungsreich. "Im Kampf gegenverschiedenartigste Verfallsstadien werden nebenbei auch Kenntnisseder Fernsehtechnik und Tierzucht verlangt", sagt Christine Frohnert,Restauratorin für zeitgenössische Kunst am Museum Ludwig in Köln."Zuckerränder ... so können wir die Skulpturnicht mehr zeigen" Die Schokoladen-Skulptur sollte eigentlich nur eine Ausstellunglang im Museum Ludwig stehen, erzählt Frohnert. Doch der lebensgroße"Buddha learning English" des koreanischen Künstlers Ik-Joong Kanggefiel der Museumsleitung so gut, dass sie die Plastik kaufte. Heutebröselt die Schokolade an vielen Stellen, weiße Zuckerränder tretenhervor, der braune Glanz ist getrübt. "So können wir die Skulpturnicht mehr zeigen", sagt Frohnert. Denkbar ist nach Ansicht der Expertin eine Restaurierung desinzwischen pulverigen Gefüges nicht. Möglicherweise werde das Museumden Künstler bitten, die Plastik neu anzufertigen und dabei einespezielle Schocolatier-Technik zu benutzen, um die braune Massehaltbarer zu machen. Bei der Restaurierung müssen die Spezialistenvorsichtig zwischen Künstlern und Besitzern vermitteln. Für die einenist die Vergänglichkeit Teil ihrer Kunst. Für die anderen geht es umGeld: Ein zerbröselter Haufen Schokolade ist selbst dann nichts mehrWert, wenn Restauratoren Fotos vom Originalzustand geschossen odereine Kopie der Plastik angefertigt haben. Auch die Museumsbesuchermischen in diesem Konflikt mit: "Die Menschen wollen doch Originalesehen", weiß Frohnert. "In letzter Instanz hilft bei organischenMaterialien nur noch Sauerstoffentzug" Also klebten die Restauratoren Eierschalen, als Marcel BroodthaersInstallation "Kleiner Wagen mit Eierschalen" umkippte. Und siebekämpften Brotkäfer: Den "Poubelles" - ausgeschütteten Mistkübelndes Franzosen Arman - hatte es das Ungeziefer im Kölner Museumbesonders angetan. "In letzter Instanz hilft bei organischenMaterialien nur noch Sauerstoffentzug", erläutert Frohnert. DenMarzipankartoffel- Schaukasten von George Brecht, der momentan inihrer Werkstatt liegt, will sie in eine Vitrine mit reinem Stickstoffsperren. Auch eine Gasmaske mit Brotteig von Daniel Spoerri solldiese teuere Spezialbehandlung bekommen. "100 Jahre hält das trotzdemnicht." "Von den 195 Monitoren des Nam June Paik ist ständig einer defekt" Fast ebenso schwierig zu erhalten ist alt gewordene Elektronik."Von den 195 Monitoren des "Brandenburger Tor", einer Installationdes Video-Pioniers Nam June Paik ist ständig einer defekt", sagtFrohnert. "Leider sind es alles Spezialanfertigungen aus Korea, vondenen wir keine Schaltpläne haben und die extrem schwierig zureparieren sind." In der alltäglichen Arbeit der Restauratoren in Köln oderDüsseldorf ist die Wiederherstellung von Kunstwerken fast eineNebentätigkeit. Prävention, Lagerung und Ausstellungsplanungverschlingen 90 Prozent der Arbeitszeit der Experten, die meistsieben bis zehn Jahre Ausbildung hinter sich haben. Wellness-Kur für Silberfischchen "Ständig hat man mit den irrsten Dingen zu tun", sagt Frohnert.Bei einer Ausstellung mit dem Künstler Huag Yong Ping musste sie sichum Schlangen und Schildkröten kümmern, die in einem Käfig friedlichmiteinander lebten. Heute begutachtet sie täglich das"Silberfischchen-Haus" von Rosemarie Trockel und Carsten Höller. "DieTierchen mögen das Licht und den Lärm nicht", klagt sie. "Deshalbverpassen wir ihnen jeden Montag eine Wellness-Kur: ein extrafeuchter Schwamm und ein dunkles Tuch."(APA/dpa)