Vatikan - Der Vatikan hat neue Normen für kirchliche Strafprozesse bei sexuellen Vergehen von Geistlichen an Minderjährigen und bei anderen schweren Delikten veröffentlicht. Kernstücke der Neuregelung sind nach Angaben von Kathpress von Donnerstag die Verpflichtung aller Ortsbischöfe, derartige Vergehen bei der vatikanischen Glaubenskongregation anzuzeigen sowie die Verlängerung der Verjährungsfrist bei Vergehen an Minderjährigen. Über das zu verhängende Strafmaß schweigen die neuen Normen, das geltende Kirchenrecht sieht als Höchststrafe die Entlassung aus dem Klerikerstand vor."Sacramentorum sanctitas tutela" Die neuen Richtlinien sind in der jüngsten Ausgabe des vatikanischen Gesetzblattes "Acta Apostolicae Sedis" (AAS) enthalten. Sie wurden durch ein ebenfalls in den AAS veröffentlichtes "Motu proprio" von Papst Johannes Paul II. mit dem Titel "Sacramentorum sanctitas tutela" (Schutz der heiligen Sakramente) in Kraft gesetzt. Die von der Glaubenskongregation unter Leitung von Kardinal Joseph Ratzinger verfassten Normen gingen als unveröffentlichter Brief in lateinischer Sprache bereits im Mai 2001 allen Ortsbischöfen und den Leitern der Ordensgemeinschaften zu. Verjährung wird verlängert Der Brief der Glaubenskongregation unterscheidet drei Kategorien von "schweren Vergehen" (delicta graviora): Vergehen gegen die Heiligkeit der Eucharistie, gegen die Heiligkeit der Beichte und das "Delikt gegen die Sitten". Letzteres wird als "der von einem Kleriker begangene Verstoß gegen das Sechste Gebot mit Unter-18-jährigen" definiert. Bisher hatte das Kirchenrecht die Altersgrenze für sexuelle Vergehen bei 16 Jahren gezogen. Zur Verjährung legt das Schreiben fest, dass Sexualvergehen noch bis zu zehn Jahre nach Vollendung des 18. Lebensjahres des Betroffenen verfolgt werden können. Bisher war im Kirchenrecht eine Verjährungsfrist von fünf Jahren vorgesehen. Weiter legt das Schreiben fest, dass die Glaubenskongregation für alle "delicta graviora" grundsätzlich zuständig ist, allerdings gibt sie den Prozess, wenn nicht besondere Umstände vorliegen, an die örtlichen Diözesangerichte ab. Die Glaubenskongregation ist jedoch in allen Fällen einzige Berufungsinstanz. (APA)