Hollywood - You'll Never Eat Lunch in This Town Again: Das ist, wenn man Julia Phillips gleichnamigen, 1991 erschienenen Memoiren Glauben schenkt, eine der ultimativen Drohungen in Hollywood. Ausgeschlossen zu werden aus dem sozialen Netzwerk der Traumfabrik: ein Albtraum für Konformisten. Phillips jedoch, die erste Frau, die im männlich dominierten Terrain der Filmproduzenten den Oscar erhielt (1974 für Der Clou), hat sich um derartige Drohungen nie geschert.Der Filmemacher Tony Bill, mit dem sie Anfang der 70er eine Produktionsfirma gründete, meinte einmal: "Ich dachte, gerade in ihrem Furor wäre sie eine gute Partnerin. Und ich hatte Recht." Zu den Hits von Phillips/Bill zählten etwa auch Martin Scorseses "Taxi Driver" oder Steven Spielbergs "Unheimliche Begegnung der dritten Art". Julia Phillips, 1944 als Tochter eines jüdischen Physikers in New York geboren, war eine der treibenden Kräfte jenes New Hollywood, das sich damals vom alten Studiosystem emanzipieren wollte. Selbst einem exzessiven Missbrauch von Drogen nicht abhold, wusste sie natürlich jede Menge über ähnliche Neigungen oder Charakterschwächen ihrer FreundInnen und KollegInnen. Noch heute gilt "You'll Never Eat Lunch in This Town Again" auch deshalb als eines der wesentlichen Sittenbilder über eine kurzfristig höchst vielfältige und widerständischen US-Filmszene. Und wenn vorher aggressive Jungproduzenten in Hollywood "nicht normal" waren, so sind sie heute auch wieder kaum noch üblich. Julia Phillips hat sich nach einer Entziehungskur weitgehend zurückgezogen. Das Kino der 90er-Jahre verachtete sie weitgehend. Am Dienstag ist sie in West-Hollywood nach einer Krebserkrankung gestorben. (cp) - DER STANDARD, Print-Ausgabe vom 4.1.2002