Wien - In vielen Schulbüchern werden Klischees überMinderheiten in Österreich transportiert. Die Schule als einenationalstaatliche Institution vermittle bewusst oder unbewusst dieKultur bzw. Werte der nationalen Mehrheit, heißt es in einem Beitragvon Karin Efinger und Doris Englisch-Stölner für die pädagogischeZeitschrift "Erziehung & Unterricht". Unterschiede zu Migrantenwürden betont und problematisiert, während in Österreich anerkannteVolksgruppen folklorisiert würden. So kommen die Autorinnen zum Schluss, dass ethnische undkulturelle Unterschiede zwischen Migranten bzw. Asylwerbern und"echten" Österreichern oft negativ betont werden. Oft beschränke sichdie Darstellung darauf, die angeblichen und tatsächlichenUnterschiede zu "westlichen" Familien heraus zu arbeiten. Der"Vergleich der Kulturen" sei meist mit einem Werturteil verbunden,das aus ethnozentrischer Perspektive gefällt werde. So geschehe etwadie Thematisierung patriarchalischer Strukturen immer im Zusammenhangmit Migranten, oft in Verbindung mit dem Islam. Ignoriert werdedabei, dass auch "bei uns" Frauen unterdrückt würden und dieseAusformungen von Gewalt mit patriarchalischen und nicht mitislamischen Vorschriften zu tun hätten. Klischees und Vorurteile Kritik üben die Studienautorinnen auch an der einseitigen undverallgemeinernden Darstellung der Wohnverhältnisse von Migranten.Indem Armut fast ausschließlich mit Migranten in Verbindung gebrachtwerde, bleibe einerseits die "österreichische Armut" verdeckt,andererseits würden die Betroffenen erst recht als fremd empfunden. Im Schulbuch "Lesestunde 4" befasst sich etwa ein Text mit demTitel "Das jugoslawische Haus" mit der Wohnsituation von Migranten,in dem einem Buben der Umgang mit jugoslawischen Kindern verbotenwird. Dieser entgegnet darauf: "Der Branko ist nicht schmutzig unddie Wohnung vom Branko auch nicht. Ich war gestern dort. Es ist eineKellerwohnung. Stell dir vor: wenn sie das Fenster aufmacht, fälltvon der Straße oft Schmutz herunter: Die Mutter von Branko putzt ihnaber gleich weg!" Auch wenn die Geschichte eine Vorurteile abbauendeAbsicht verfolge, mute die Argumentation "seltsam" an, meinen dieStudienautorinnen. Die Schilderung einer Substandard-Wohnung inVerbindung mit Migranten sei klischeehaft und viel einprägender alsdie Tatsache, dass die Mutter offenbar "wider Erwarten" die Wohnungsauber halte. Anerkannte Volksgruppen werden laut der Studie hingegen meist inpositiven Zusammenhängen thematisiert. Die kulturellen Unterschiedewürden dabei aber gar nicht erwähnt oder folklorisiert und damit ineinen vom Alltag abgehobenen Raum projiziert. Zwar seien Sprache undKultur der Volksgruppen als erhaltens- und schützenswert dargestellt.Dennoch setze sich der Eindruck durch, dass das "Anderssein" derVolksgruppen nicht allzu sehr hervorgehoben werde, um die Harmonienicht zu gefährden. Als Beispiel wird eine Strophe eines Gedichtes in"Das Dorner Lesebuch 4" angegeben, wo es über "Kroaten im Burgenland"heißt: "Wechseln Sprache und Gewänder, unsere Herzen schlagen gleich:alle sind wir Burgenländer, Kinder unseres Österreich!...". Vorurteile werden perpetuiert Die Darstellung der Lebenswelt von Sinti und Roma beschränke sichwiederum auf die klischeehaften Vorstellungen über "Zigeuner", wiez.B. in der Erzählung "Die schwarzen Weiber" im Killinger-"Lesebuch2": "Sei vorsichtig, Walter!", sagte ein Mädchen. "Die könnenhexen!"..."Geh, die sind doch nur faul und wollen nicht arbeiten"bzw. "Vier Wagen waren es. Ein alter Lastwagen, ein Personenauto miteinem Wohnanhänger, ein großer grüner Wohnwagen mit einem Traktordavor und ein alter Karren mit einem Pferd...". Mit einer solchen Darstellung würden "groteskerweise Vorurteileperpetuiert und ethnische Unterschiede immer wieder konstruiert, um -in friedenserzieherischer Absicht - darauf hinzuweisen, dass trotzdieser Differenzen ein friedliches Zusammenleben möglich seinsollte", heißt es in der Studie. (APA)