Wien - Die schwache Konjunktur schlägt nun immer härter auch auf den österreichischen Arbeitsmarkt durch. Im zurückliegenden Monat Dezember ist die Zahl der arbeitslos gemeldeten Personen um 50.689 oder 23,3 Prozent auf insgesamt 267.825 geklettert. Eine ähnlich starke Zunahme der Arbeitslosigkeit gab es in Österreich zuletzt im März 1991 mit 23,5 Prozent. Im Jahresdurchschnitt 2001 hat das Arbeitsmarktservice (AMS) insgesamt 200.885 arbeitslos gemeldete Personen gezählt; das entspricht einer Arbeitslosenquote von 6,1 Prozent. Im Jahr davor waren durchschnittlich 194.314 Personen arbeitslos gemeldet. "Dass die Marke von 200.000 nach oben durchstoßen würde, haben wir erwartet. Überrascht hat uns die Dezemberarbeitslosigkeit", sagte der Arbeitsmarktexperte des Wirtschaftsforschungsinstituts (Wifo), Helmut Maringer, dem S TANDARD . "Mit einer derart starken Zunahme haben wir nicht gerechnet." Aufgrund der anhaltend schwachen Konjunktur sieht der Wifo-Experte im laufenden Jahr keine Entspannung am Arbeitsmarkt. "Die Baubranche in Österreich ist im internationalen Vergleich hinsichtlich Mitarbeiterzahl und Wertschöpfung eindeutig überdimensioniert. Da muss es zu Strukturveränderungen kommen", sagte Maringer. Für 2002 rechnet der Wifo-Mann mit einer Zunahme der Arbeitslosigkeit im Jahresdurchschnitt auf 221.300, was einer Arbeitslosenquote von 6,6 Prozent entsprechen würde. "Nachkriegsrekord" Besonders betroffen von Arbeitslosigkeit waren im Dezember die Branchen Bau, Nachrichtenübermittlung inklusive Post und Verkehr sowie der öffentliche Bereich. Die Zahl der arbeitslosen Bauarbeiter etwa hat sich im Jahresabstand um 45,5 Prozent oder 26.244 auf knapp 52.000 erhöht. Dramatisch gestiegen ist die Arbeitslosigkeit in Niederösterreich; die Zahl der arbeitslos gemeldeten Personen ist dort im Dezember um 30,7 Prozent auf 48.241 geklettert, laut AMS Niederösterreich "der höchste Dezemberwert der zweiten Republik in absoluten Zahlen". Tourismus trotzt Trend Einzige Branche, die sich vom negativen Trend abkoppeln konnte, war im Dezember die Tourismus- und Freizeitwirtschaft. Dieser Zweig habe vom tollen Wetter und vom Trend profitiert, wieder verstärkt Urlaub in Österreich zu verbringen, sagte AMS-Vorstand Herbert Böhm. Die Zahl der arbeitslos gemeldeten Personen sei im Tourismus um 20,5 Prozent zurückgegangen.

Noch vor dem Sommer hatte das Wifo für 2001 eine Arbeitslosenquote von 6,0 Prozent prognostiziert. "Bis April ging die Zahl der Arbeitslosen in Österreich zurück, im Mai gab es erstmals wieder einen leichten Zuwachs, seither hat sich die Arbeitslosigkeit von Monat zu Monat beschleunigt", sagte Maringer. Die nun gebildete Sockelarbeitslosigkeit könnte sich längere Zeit halten. (stro, DER STANDARD, Printausgabe 5.1.2001)