Im Streit um den Import von Atomstrom sind in der SPÖ Umweltsprecherin Sima und Parteivize Fischer aneinander geraten. Grüne und Greenpeace machen gegen Minister Bartenstein mobil. Die FPÖ verweist auf ihr Volksbegehren gegen Temelín.

Wien - Die Debatte um den Import von Atomstrom hat nicht nur zu einem kräftigen Schlagabtausch zwischen Parteien und Umweltorganisationen geführt. Auch parteiintern wird nun der eine oder andere Strauß ausgefochten. So fühlt sich SP-Umweltsprecherin Ulli Sima von ihrem stellvertretenden Parteichef Heinz Fischer - höflich gesprochen - missverstanden.

Fischer hat ja, wie er betonte, kein Problem mit Atomstromimporten, die Bundespartei aber offenbar eines mit Sima: Diese sei, so hieß es, mit ihrer Kritik an den Importen "über das Ziel hinausgeschossen", und Fischers Meinung sei auch die der Mehrheit in der SPÖ. Punkt.

Bei dem will es Sima nun nicht belassen. "Es hat sich nichts geändert, ich sehe keine Mehrheit in der SPÖ für den Import von Atomstrom", so Sima im Gespräch mit dem STANDARD. Die Antiatompolitik werde unglaubwürdig, "wenn wir jetzt genau aus den AKW Strom einkaufen, die wir immer bekämpft haben", so Sima weiter. Gerade die SPÖ habe für einen entsprechenden Passus im Stromgesetz gekämpft, der die Einfuhr von Atomstrom verbiete. "Dann haben wir vor allem gegen AKW wie Bohunice und Mohovce gekämpft, und jetzt kommt als ärgerlicher Nebeneffekt hinzu, dass durch den Kauf ihrer Produktion auch noch ihre Laufzeit verlängert wird."

Gleichzeitig übte Sima heftige Kritik an Umweltminister Martin Bartenstein: "Der ist ja seit Wochen abgetaucht, obwohl er als oberste Behörde die Weisung erteilen könnte, den Import von Atomstrom zu unterbinden. Stattdessen schickt er immer wieder seine Beamten vor, die sich als Nebelwerfer betätigen."

Auch die Umweltorganisation Greenpeace wirft Bartenstein klares Versagen im Kampf gegen unsichere Atomkraftwerke vor: "Das Importverbot für Strom aus der Slowakei, Slowenien, Polen und Ungarn aufzuheben ist der Gipfel der Scheinheiligkeit", wetterte Greenpeace-Geschäftsführer Bernhard Drumel.

Die Begründung für die Aufhebung der Stromimporte aus Mochovce, Bohunice, Paks und Krsko sei der Abschluss der Energiekapitel mit diesen "ehemaligen" Beitrittskandidaten: "Die Regierung hat andauernd betont, dass der vorläufige Abschluss des Energiekapitels irrelevant ist. Sobald aber aus wirtschaftlichen Interessen die Schleuse für Atomstromimporte nach Österreich geöffnet werden soll, kommt ein abgeschlossenes Energiekapitel plötzlich einem Beitritt gleich." Die Umweltorganisation empfiehlt den Österreichern, bei einem Wechsel des Stromanbieters darauf zu achten, dass dieser garantiert atomstromfreie Energie anbietet.


Grüne gegen ÖVP

Seitens der Grünen wies der Abgeordnete Wolfgang Pirklhuber die Darstellung der ÖVP zurück, es habe eine Vier-Parteien-Einigung über die Aufhebung des Atomstrom-Importverbotes für Slowenien gegeben. Dies sei auch bei einer Parlamentarierreise in das Nachbarland nicht der Fall gewesen. Es sei nur vereinbart worden, das Anliegen der slowenischen Seite ernsthaft zu prüfen, so Pirklhuber. Anders lautende Aussagen des ÖVP-Delegationsmitgliedes Günter Stummvoll seien "mehr als abenteuerlich".

FP-Klubobmann Peter Westenthaler versteht nach eigenen Angaben die ganze Aufregung nicht. Die Verordnung des Wirtschaftsministers entspreche der EU-Regelung, die seit Jahrzehnten gelte. Außerdem werde in Österreich kein Atomstrom aus dem Osten importiert. Gegen die Atompolitik könne sich die Bevölkerung beim Temelín-Volksbegehren aussprechen. (kob,derstandard,print-ausgabe,5.1.2002)