Wien - Fliegen kann, günstige Witterung vorausgesetzt, etwas sensationell Wunderschönes sein. Aller Müh' und Plag' des Erdenrunds enthoben, sucht der Blick die unendlichen Weiten zu begreifen, und das Gemüt, es wird ruhig und leicht. Das RadioKulturhaus hat ein "Fest mit Flügeln" organisiert, um den Zuhörer tastenunterstützt hinaufzukatapultieren in höchste Sphären des Genusses.

Das Take-off sollte hierbei ein Konzert des RSO Wien darstellen, darbietend früh-bis spätestromantische Klavierkonzerte für wahlweise ein, zwei oder vier Hände. Jenes für die eine, exakt für die linke Hand Verfasste, erreichte das Ohr überhaupt zum allerersten Mal - das Auftragswerk Paul Wittgensteins stammt aus der Feder des 1938 aus Österreich emigrierten Komponisten Karl Weigl; mit Unterstützung des Orpheus Trust wurde diese Uraufführung möglich gemacht.

Kecke Stimmung

Heldischer Eröffnungsprunk weicht hier schnell verklärtem Pathos, be(d)rückend Elegisches wird von kecken Scherzando-Stimmungen abgelöst. Viel Brahms, eine Hand voll Mahler und eine Prise Mozart sind als vorbildhafte Ingredienzien aus dem Kompositionsteig herauszuschmecken; wirklich Originelles ist dem versierten Ton-Handwerker Weigl aber nicht gelungen. Florian Krumpöck bot den Klavierpart souverän dar, das RSO Wien unter der Leitung Hooria Andreescus betreffend hatte man leider den Eindruck, gerade der ersten Leseprobe beizuwohnen.

Ungleich präziser präsentierte sich das Orchester beim nachfolgenden Konzert für zwei Klaviere in d-Moll von Francis Poulenc; Eduard und Johannes Kutrowatz begeisterten mit Energie, Konzentration und Leidenschaft. Unglücklicherweise bretterte Elisabeth Leonskaja beim anschließenden e-Moll-Konzert einem Bulldozer gleich durch die blumigen Themenlandschaften Chopins.

Während die Wahlwienerin beim samtenen Seitenthema des Kopfsatzes den Konzertflügel malträtierte, suchte man in Erinnerungen an das letzte Konzert des RSO Wien Zuflucht. Anatol Ugorski hatte sich unlängst Skrjabins Klavierkonzert angenommen - an und für sich ein enttäuschendes Opus, in welchem der Pianist seichte Lyrismen mit katzengoldenen Trillergirlanden zu umkränzen hat, wenn er nicht gerade bombastischen Pathos-Strecken absolviert.

Doch Ugorskis untadelige, englische Kühlheit mit russischer Kraft amalgamierende Interpretation des mauen Werks hatte eben jene Schubkraft, die die versammelte Hörerschaft für einige Momente gar allem Irdischen entschweben ließ. (end)

(DER STANDARD, Print, Sa./So., 26.01.2002)