Parlament
Euroteam-Affäre erreicht das Plenum
Scharfe Kritik Fiedlers an Auftragvergabe
Wien - Eine nahtlose Fortsetzung der Auseinandersetzungen im
Euroteam-Untersuchungs-Ausschuss hatte Mittwoch Abend die
Nationalrats-Debatte zu bieten. Anlass war die Diskussion des
Rechnungshof-Berichts zur Lehrlingsoffensive im Plenum. Die
Koalitionsparteien übten heftigte Kritik an der unrechtmäßigen
Vergabe von Aufträgen der SP-geführten Ressorts an die
Euroteam-Gruppe. Sozialdemokraten und Grüne warfen wiederum der
Koalition vor, umstrittene Auftragsvergaben von VP-Ressorts nicht
kontrollieren lassen zu wollen. Scharfe Kritik kam von
Rechnungshof-Präsident Fiedler. Der Rechnungshof hatte bei seiner Überprüfung der
Lehrlingsoffensive schwerwiegende Mängel festgestellt. Demnach hätte
das Gesamtvorhaben (Wert der 31 Projekte: 8,58 Mill. Euro/118 Mill.
S) von einem einzigen Ressort als einheitlicher Auftrag vergeben
werden müssen. Statt dessen wurde die Lehrlingsoffensive auf
verschiedene Projekte von Bundeskanzleramt, Wirtschafts- und
Sozialministerium sowie Arbeitsmarktservice verteilt. Einen
Gesamt-Überblick habe daher nur die SP-nahe Betreuerfirma Euroteam
gehabt. Scharf kritisierte der Rechnungshof auch die Art der
Auftragsvergabe an die sieben Euroteam-Unternehmen. Diese sei
regelmäßig über das Kabinett des Bundeskanzlers bzw. die
Ministerbüros abgewickelt worden. Ausschreibungen hätten gefehlt,
Vergleichsangebote seien nicht eingeholt worden.
"Alles andere als erfreulich"
Rechnungshof-Präsident Franz Fiedler betonte im Nationalrat
folgerichtig, dass die Feststellungen bei der RH-Untersuchung "alles
andere als erfreulich waren": Mangelnde Projektverteilung,
Doppelgleisigkeiten, Verstoß gegen Vergabevorschriften und vieles
mehr habe man ermittelt. Das Ergebnis seien nun Rückforderungen in
Höhe von 7,8 Millionen Schilling und 2,7 Millionen Schilling an
Rückzahlungen. Wieder einmal habe sich gezeigt, dass bei derartigen
Mängeln "zu einem ganz großen Teil das Verschulden beim Auftraggeber
liegt". Die Lehre, die man "emotionsfrei" aus der Causa ziehen müsse,
sei, sich bei Projektvergaben strikt an die Vorgaben zu halten.
Der SP-Abgeordnete Kurt Gaßner bemühte sich sichtlich darum, die
Umstände bei der Lehrlingsoffensive zu erklären. Aus budgetären
Gründen sei es notwendig gewesen, die Aufträge auf drei Ressorts zu
verteilen. Daher sei "plötzlich" die Situation entstanden, dass ein
Auftragnehmer da war, "aber vier Stellen, die nicht mehr gewusst
haben, wo wird welche Leistung erbracht". Sobald aber die "unsauberen
Praktiken" von Euroteam bekannt geworden seien, hätten die damalige
Sozialministerin Lore Hostasch (S) und Ex-Bundeskanzler Viktor Klima
(S) eine Sonderprüfung eingeleitet.
Ganz anders lautete die Schlussfolgerung der anderen drei
Parteien. Öllinger interpretierte die Causa Euroteam als "Ausschnitt,
wie es in den Vorhöfen der Macht zugehen kann". Manche würden dort
weitgehend ohne Kontrolle "werken" und sich "in dem Dickicht der
Förderungen bedienen".
Noch deftiger gingen es die Abgeordneten der Koalitionsparteien
an. FP-Mandatar Reinhart Gaugg nannte die in der Causa Beschuldigten
"dubiosen Figuren", wo er nicht verstehen könne, warum diese von der
SPÖ weiter verteidigt würden. Millionen an Steuergeldern seien für
Privatzwecke verwendet worden, donnerte Gaugg. Der VP-Abgeordnete
Helmut Kukacka kritisierte, dass "durch entsprechende
Freunderlwirtschaft Millionengelder zu Euroteam geflossen sind, ohne
das entsprechende Gegenleistungen damit verbunden waren". Durch den
Rechnungshof-Bericht werde klar, dass die Vergabe der Aufträge
"parteipolitisch" erfolgt sei.
Kritik seitens der Opposition gab es bezüglich der Arbeit im
Euroteam-Ausschuss. Sowohl SPÖ als auch Grüne betonten, dass
umstrittene Vergaben der ÖVP nicht thematisiert würden. Gassner
nannte hier u.a. einen Millionen-Auftrag an das Institut für
Familienforschung, der ohne Beachtung der Richtlinien vergeben worden
sei. Öllinger kritisierte, dass wegen Kukacka 800.000 Seiten an
Materialien ins Parlament gebracht worden seien, obwohl man jetzt
schon wisse, dass bei den entsprechenden Projekten alles korrekt
abgelaufen sei. So etwas sei ein Missbrauch des Ausschusses. Niemand
werde diese 800.000 Seiten jemals lesen. (APA)