Wien - Die Bundesregierung lädt für 21. Februar zu einem
"österreichischen Konvent" für die EU-Reform. Dabei soll die
"innerösterreichische Diskussion" über die anstehenden Reformschritte
geführt werden, wie Bundeskanzler Wolfgang Schüssel erklärte. Es mache Sinn, in jedem Land eine solche
Debatte zu führen und das nicht nur dem EU-Konvent zu überlassen, in
dem nur wenige Österreicher eingebunden sind.
Die zu besprechenden Themen liegen für Schüssel auf der Hand:
Europäische Verfassung, individuelle Bürgerrechte europäischer
Bürger, Verbesserung des Rechtszuges zum europäischen Gerichtshof,
effizientere Arbeit der Institutionen, Vereinfachung der Verträge,
Verbindlichmachung der Grundrechts-Charta. "Themen, die ohne jedes
Tabu angesprochen werden sollen. Am Ende werden wir dann natürlich
entscheiden, was will Österreich wirklich", so Schüssel.
Auf die Veto-Möglichkeit, die im Zuge der EU-Reform weitgehend
fallen soll, will Schüssel nicht gänzlich verzichten. "Ich habe
überhaupt kein Interesse, in sensiblen, essenziellen Fragen das
Einstimmigkeitsprinzip aufzugeben. Es geht ja nie um ein Veto,
sondern darum, dass es einen positiven Beschluss mit den Stimmen
aller Mitgliedsländer geben soll."
Er werde jedenfalls "sehr darauf drängen", dass etwa die Änderung
der Verträge, Finanzmittelentscheidungen oder sensible nationale
Themen wie Wasserversorgung, Wahl der Energieträger,
Raumbewirtschaftung und Bodenbewirtschaftung nicht der nationalen
Souveränität mittels Mehrheitsbeschluss entzogen werden. "Das ist
eine gemeinsame österreichische Position."
Wen der Bundeskanzler als persönlichen Beauftragten in den
EU-Konvent entsendet, wollte er noch nicht sagen. Zuletzt wurde die
ÖVP-Parlamentarierin und Verfassungsexpertin Ulrike
Baumgartner-Gabitzer als aussichtsreichste Kandidatin gehandelt.
Schüssel dazu: "Die personellen Entscheidungen werden in dieser Woche
getroffen, und ich werde sie rechtzeitig bekannt geben." Der
EU-Konvent soll im März seine Arbeit aufnehmen und entsprechende
Vorarbeiten für eine große Regierungskonferenz leisten.
Die EU-Erweiterung sieht Schüssel nach wie vor als "einmalige
Chance" für Österreich - "nämlich vom Rand der Europäischen Union ins
Zentrum der erweiterten Union zu rücken". Die in dieser Woche von der
EU-Kommission vorgelegten Schätzungen und Vorschläge für die Kosten
der Erweiterung (40 Milliarden Euro von 2004 bis 2006) seien ein
"vernünftiger, schrittweiser, flexibler Ansatz". Damit komme man mit
dem heutigen Finanzrahmen aus.
Dass Österreich in zahlreichen Kandidatenländern für die
Erweiterung das Image des Blockierers hat, bezeichnet Schüssel als
"virtuelle Wirklichkeit" auf Grund von Urteilen, Vorurteilen und
Fehlurteilen. "Die Wirklichkeit sieht anders aus. Österreich ist das
Land gewesen, das die Erweiterung während der österreichischen
Präsidentschaft ermöglicht hat. Unter meinem Vorsitz haben die
Verhandlungen begonnen, seit damals fährt der Zug. Darauf bin ich
Stolz, dass das eigentlich unter dem österreichischen Vorsitz
unwiderruflich begonnen hat", so Schüssel.
Die Verhandlungen über die EU-Erweiterung werden nach Meinung
Schüssels Anfang 2003 abgeschlossen. "Die Diskussion um die Zukunft
Europas, die nicht notwendiger Weise mit der Erweiterung gekoppelt
werden muss, aber in jedem Fall Sinn macht, wird voraussichtlich ein
Jahr später so weit sein, dass man eine Regierungskonferenz
hoffentlich abschließen kann." (APA)