Die Generaldirektorin Monika Lindner hat ihre Führungsgruppe als "Dreamteam" bezeichnet. Gemessen an den meisten Kommentaren, die ihre Wahl begleitet haben, ist es das wahrscheinlich. Aber es gibt für ein Medienunternehmen wie den ORF noch andere Qualitätskriterien. Nicht Sturm Graz oder Innsbruck, sondern Manchester oder Real Madrid sind das wirkliche Maß.Im Verhältnis zur versauten politischen Kultur des Landes ist der ORF-Chefin einiges gelungen. Sie hat ein fachlich kompetentes Team zusammengestellt, dem man nicht von vornherein jeden Erfolg absprechen sollte. Und dessen Zusammensetzung (drei der künftig sechs Direktoren sind jetzt schon ehemalige Landesintendanten) als ein Sieg der Pragmatiker zu deuten ist. Problematisch sind deshalb zumindest zwei Neubestellungen in den Ländern, wo Lindner den eigenen Kurs fortsetzt: Sei lieb zu deinem Landeshauptmann. Wenn Freundschaft und Macht zusammenprallen, siegt meistens die Macht. Das politische Spiel scheint sie jedenfalls ebenso gut zu beherrschen wie ihr Vorgänger. Den Peter Westenthaler hat sie ja ziemlich elegant ausgebremst. Was dem FPÖ-Klubchef irgendwann den Kopf kosten könnte. Andererseits hat Lindner das getan, was die Mehrheit des Stiftungsrats von ihr erwartete: Schwarz hat zugelegt, Rot ist nicht verschwunden. Der Sieger dieses Kraftspiels um den ORF, Wolfgang Schüssel, hat sicher auch an die nächsten Koalitionsverhandlungen gedacht. Schon richtig, dass eine Medienanstalt wie der ORF populäre Programmschienen braucht, die ihm die notwendigen Quoten für die Massenwerbung sichern. Aber er braucht auch innovative Highlights, für die das Bacher-Fernsehen immer noch ein Vorbild ist. Und er braucht den Enthusiasmus, in Ostmitteleuropa zumindest medial eine Rolle zu spielen, die man in der Politik verbockt hat. Erste Matches werden auf das Dreamteam sehr schnell zukommen. Vor allem der neue Infodirektor Gerhard Draxler wird bald beweisen können, wie ernst ihm (internationale) journalistische Grundsätze sind. Und wie stark die Rückendeckung für attackierte Redakteure bei der Generalin selbst ist. Spekulationen, Monika Lindner könnte sich als Aufputz Quereinsteiger holen, haben sich als Luftblasen erwiesen. Weil Starjournalisten nicht immer die besten Menschenlenker sind, muss die Konzentration auf die eigenen (einschätzbaren) Kräfte nicht falsch sein. Was andererseits aber heißt: dass man in den Diskussionssendungen und Talkshows wieder zu Courage und Dissens zurückkehrt. Und die Verbeugungen vor dem politischen Proporz links oder rechts liegen lässt. Und schließlich: Da die Fellners und Dichands bereits von Weis-Verteidigung ("Nach ihm kommt das Chaos") auf verhaltenes Lindner-Lob und Bussi-Bussi-Bilder umgeschaltet haben, wird auch hier genau zu beobachten sein, ob der ORF das neue Gesetz respektiert oder ein Player im medialen "Bermuda-Dreieck" (Gerd Bacher) bleibt. (DER STANDARD; Print-Ausgabe, 9./10. Februar 2002)