Literatur
Vorsicht, Infektionsgefahr!
Umberto Eco über Berlusconi: Er betrachtet Politik wie eine "Werbefirma" und das könnte ansteckend sein
Paris - Der italienische Starautor Umberto Eco ist der
Ansicht, dass Italiens Regierungschef Silvio Berlusconi die Politik
wie eine "Werbefirma" betrachte, und dass "die Gefahr einer
Ansteckung" Frankreichs und Deutschlands bestehe. Berlusconi "kümmert
sich erfolgreich um seine Interessen. Das Problem ist, dass es 50
Prozent der Italiener sind, die es ihm erlauben, das zu machen
(...)", erklärte Eco in der am Donnerstag erschienenen Ausgabe des
französischen Wochenmagazins "Le Nouvel Observateur".Die heftigsten Berlusconi-Kritiker
Eco, der gegenwärtig die französische Ausgabe seines Romans
"Baudolino" vorstellt, zählt mit Autoren wie
Alessandro Baricco, Vincenzo Consolo und Andrea Camilleri zu den
heftigsten Kritikern des italienischen Ministerpräsidenten. Baricco
und Consolo kritisieren Berlusconi gemeinsam mit zahlreichen anderen
Autoren in einem Buch des Journalisten Fabio Gambaro, das gerade in
der französischen Übersetzung "L'Italie par ses ecrivains" erschienen ist.
Man muss einen kühlen Kopf behalten
"Diese Art, die Politik wie eine Werbefirma zu betrachten, ist ein
Problem, das den ganzen Westen betrifft", erklärte Eco und fügte hinzu: "Aber warten wir ab, dass diese Erfahrung ihre Schädlichkeit zeigt. Man muss vor allem vermeiden, von
Faschismus zu reden und man muss einen kühlen Kopf behalten. Die
Techniken der Regierung des Herrn Berlusconi sind derartige
Faustschläge, dass man einen umso verrückteren Eindruck macht, je
mehr man sie kritisiert. Dieser Mann gibt jedem von uns täglich eine
Gelegenheit, sich zu entrüsten. Dadurch werden der Protest und die
Rage letztendlich abgeschwächt."
Polemik um Berlusconis Anwesenheit beim Pariser Buchsalon
Der 70-jährige Eco zählt gemeinsam mit weiteren 60 Schriftstellern
zu den Gästen des Pariser Buchsalons (22.-27.03), dessen
Ehrengastland heuer Italien ist. Um Berlusconis Anwesenheit bei der
Eröffnung des Salons ist jüngst eine Polemik ausgebrochen.
Frankreichs Kulturministerin Catherine Tasca (PS) und eine Reihe
französischer Verleger haben sich gegen Berlusconis Präsenz
ausgesprochen. Camilleri erklärte gegenüber der Tageszeitung "Le
Monde", dass er gegen Ende der Veranstaltung kommen wolle, um "sehr
unangenehme Begegnungen" zu vermeiden. Berlusconi ließ die Frage
bisher offen, ob er zu der Eröffnung kommen wird. (APA)