Werbung
Das Olympia der Sponsoren
Werbe-Beschränkungen des IOC werden umgangen oder einfach ignoriert - Täglich Serien an Übertretungen
Eisprinzessin Michelle Kwan wirbt
ganzseitig in US-Zeitungen und im Fernsehen für den
Automobil-Giganten General Motors. An der Eisarena in Salt Lake City
prangt der Name "Delta Center". Im deutschen Fernsehen wurden Spots
mit Sven Hannawald gezeigt (siehe dazu: Keine Konsequenzen für Hannawald wegen TV-Spots
). Drei Beispiele von vielen dafür, dass die olympische Werbeflut weiter steigt und den vom Internationalen
Olympischen Komitee (IOC) errichteten Damm bereits durchbrochen hat.
Regeln müssen überprüft werden
"Wir müssen nach den Winterspielen unsere Regeln überprüfen, ob
sie strikt genug sind. Oder ob wir genug getan haben, die Regeln
durchzusetzen. Oder ob sie überhaupt noch durchsetzbar sind", sagte
der deutsche IOC-Vizepräsident Thomas Bach.
Das Problem dabei ist: Die Sponsoren Olympischer Spiele fordern
immer mehr Gegenleistungen für ihren zum Teil enormen Einsatz. Den
Meisten reicht die Nutzung der Olympischen Ringe und Logos oder die
Möglichkeit, im Austragungsort der Spiele werbend in Erscheinung zu
treten, längst nicht mehr aus. Zugleich gilt es für das IOC, seine
Partner vor Werbung von Nicht-Rechteinhabern zu schützen. So
überprüft ein 25-köpfiger Stab in diesen Tagen alle olympischen
TV-Übertragungen dieser Welt, ob sich ein Unternehmen irgendeines
olympischen Symbols unberechtigt bedient.
Den Sponsoren Eintrittskarten zur Verfügung stellen
Zehn Top-Sponsoren des IOC, die für die gegenwärtige
Vier-Jahres-Periode 600 Millionen Dollar (690 Mio. Euro/9,50 Mrd. S)
bezahlt haben, und 64 Sponsoren des Organisationskomitees von Salt
Lake City mit Zahlungen von 840 Millionen Dollar (966 Mio. Euro/13,30
Mrd. S) fordern Gegenleistungen. Eine davon ist, für den Tross der
Sponsoren genug Eintrittskarten bereitzustellen. Nach Salt Lake City
werden von den Unternehmen am Ende der 17 olympischen Tage fast
30.000 Gäste eingeflogen worden sein. Sie haben 14 Prozent der 1,6
Millionen Eintrittskarten garantiert bekommen, natürlich sind es vor
allem Tickets für die attraktivsten Veranstaltungen.
Suiten für "Sponsoren-Familien"
Neuerdings werden den Sponsoren auch Suiten angeboten. Im "Delta
Center" sind das 56. Der Mietpreis für die Zeit der Spiele liegt
zwischen 150.000 (172.553 Euro/2,37 Mio. S) und 230.000 Dollar
(264.581 Euro/3,64 Mio. S) . Das IOC des Ex-Präsidenten Juan Antonio
Samaranch hat sich mit der immer mehr angewachsenen
"Sponsoren-Familie" ein Zwei-Klassen-Problem geschaffen, und sie ist
Teil des olympischen Gigantismus geworden. Nachfolger Jacques Rogge
wird diese Entwicklung kaum zurück drehen können.
Noch vor einigen Jahren ein "Skandal" ...
Noch vor vier Jahren hätten die Werbeauftritte von Michelle Kwan,
die für die USA am Donnerstag die Goldmedaille holen soll, zu einem
Skandal geführt. Mittlerweile übt das IOC Nachsicht. Alle Sponsoren
des IOC, der olympischen Organisationskomitees und der Nationalen
Olympischen Komitees (NOK) dürfen mit Sportlern werben - wenn das
IOC-Exekutivkomitee eine Ausnahmegenehmigung erteilt. Vizepräsident
Bach weiß von so einer Genehmigung nicht, auch nicht
Marketing-Direktor Michael Payne. Man werde das überprüfen. Doch das
IOC wird sich wohl hüten, das Eis-Idol der USA aus dem Verkehr zu
ziehen.
"Ice Center" - "Delta Center"
Anders liegt der Fall "Delta Center". Bisher gehörte es zum
ehernen Grundsatz, dass olympische Sportarenen innen und außen völlig
werbefrei sein müssen. Darauf hatte Bach bestanden, als er in Salt
Lake City vor acht Jahren als Vorsitzender der IOC-Prüfungskommission
auch die Halle inspiziert hatte. Nun heißt die 16.000 Zuschauer
fassende Arena während der Winterspiele zwar offiziell "Ice Center".
Doch der Name der "offiziellen Fluglinie" für die Spiele prangt
weiter in großen Buchstaben an der Arena. Bach findet das "mehr als
unglücklich. Wir müssen auf Kernbereiche mehr Einfluss nehmen".
Täglich Serien an Übertretungen
Täglich werden der Marketing-Kommission Serien von Übertretungen
zugetragen: Eishockey-Spieler, die beim offiziellen Training große
Firmennamen von Ausrüstern tragen. Ein US-amerikanischer
Skeleton-Fahrer, der bei einem Interview eine Kappe mit der
Aufschrift eines Privatsponsors auf hat. Kopfbedeckungen, bei denen
der Herstellername die von der IOC-Regel vorgeschriebenen sechs
Quadratzentimeter überschreitet. Hosen, auf denen die entsprechende
Größe von zwölf Quadratzentimetern nicht eingehalten wird. (APA/dpa)