Kunst
Ende des Streits um die "Treppe ins Nichts"
Zehnjähriger Prozess um "documenta"-Objekt
Kassel - Der Prozess um den Abriss der
"documenta"-Treppe in Kassel ist vom Landgericht am Dienstag gegen
Geldbußen eingestellt worden. Der wegen Untreue angeklagte
Oberbürgermeister Georg Lewandowski (CDU) muss 15.000 Euro zahlen, der Rechtsdezernent 14.000 Euro und der ebenfalls
mitangeklagte Baudezernent 13.000 Euro. Die Staatsanwaltschaft war
zuvor vom Vorwurf des Amtsmissbrauchs abgerückt, hatte aber am
Tatbestand der Untreue festgehalten. Mit dem Gerichtsentscheid endet
der zehnjährige Streit um die "Treppe ins Nichts". Der Oberbürgermeister und seine Dezernenten gestanden vor Gericht
ein, dass der nächtliche Treppenabriss im August 2000 ein Fehler
gewesen sei. Ihnen sei klar gewesen, dass durch eine Einstweilige
Verfügung der Treppenabriss noch verboten war. Mit dem vorschnellen
Abriss hatte die Stadt Kassel ein Ordnungsgeld von 204.500 Euro
riskiert. Obwohl die Strafe nie gezahlt werden musste,
hätten die Amtsträger städtisches Vermögen in Gefahr gebracht,
argumentierte die Staatsanwaltschaft.
Die Angeklagten räumten ein, dass sie ein Ordnungsgeld bewusst in
Kauf genommen hätten. Sie seien davon ausgegangen, dass die Strafe
nur vorübergehend verhängt werde und geringer ausfalle als der
Unterhalt der Treppe während eines befürchteten Revisionsverfahrens.
Die Stadt Kassel hatte die zum "documenta"-Kunstwerk erklärte
Holztreppe auf dem zentralen Königsplatz 1992 bauen lassen, aber
schon bald wieder abreißen wollen, weil sie bei der Bevölkerung auf
Ablehnung stieß. Gegen einen Abriss wehrte sich der Hamburger
Treppenentwerfer Gustav Lange jahrelang unter Berufung auf sein
Urheberrecht. Als ein Gerichtsurteil im Prinzip "grünes Licht" für
einen Abriss gab, ließ der Oberbürgermeister in einer Nacht-und-
Nebel-Aktion am 27. August 2000 die Bagger anrollen.
Berufliche Konsequenzen müssen Lewandowski, der Rechtsdezernent
Ingo Groß (SPD) und der Stadtbaurat Bernd Streitberger (CDU) nach dem
Gerichtsentscheid kaum befürchten. Da sie nicht verurteilt wurden,
gibt es keine disziplinarrechtlichen Konsequenzen. (APA/dpa)