Wien - "Bei der Universitätsreform geht es um Verantwortung und Autonomie, es ist kein Sparprogramm und es geht nicht um die Ökonomisierung der Unis. Die Universitäten sind Stätten der Grundlagenforschung und der forschungsgeleiteten Lehre mit Gewissensfreiheit und Wissenschaftsfreiheit." Diese Grundsätze stellte Bildungsministerin Elisabeth Gehrer (V) am Donnerstag an den Beginn ihres Einleitungsreferats zur parlamentarischen Enquete zum Thema "Der Weg zur vollen Rechtsfähigkeit der Universitäten". Mit der Reform sollen die Universitäten in diesen Zielsetzungen gestärkt werden, meinte Gehrer. Das neue Uni-Gesetz solle den Hochschulen mehr Freiheit und Verantwortung geben. Die Regelungsdichte in den Uni-Gesetzen werde von derzeit rund 300 Paragrafen auf etwa 150 halbiert. "Weniger Regulierung, mehr Wettbewerb, stärkere Leistungen, das sind die wichtigsten Inhalte unseres Reformkonzepts", sagte Gehrer. Keine Evaluierung notwendig? Kritikern, die eine Evaluierung des derzeit gültigen Universitätsorganisationsgesetzes (UOG) 1993 vor der Reform fordern, hielt die Ministerin entgegen, dass diese bereits mehrfach erfolgt sei, etwa durch das Gelbbuch der Österreichischen Rektorenkonferenz. Die bei zahlreichen Diskussionen und in Stellungnahmen zum Gestaltungsvorschlag gemachten konstruktiven Vorschläge sowie die Wortmeldungen bei der heutigen Enquete seien wertvolle Anregungen. "Wir werden das sorgfältig prüfen und die Anregungen in den Gesetzesentwurf aufnehmen, die in unser Konzept passen", sagte Gehrer. Der Gesetzesentwurf soll laut Gehrer am 8. März in Begutachtung (bis 19. April) geschickt werden, Ende Mai den Ministerrat passieren und im Juli im Nationalrat beschlossen werden. In Kraft treten soll das Gesetz ab 1. Oktober 2003, so dass die Unis ein Jahr Zeit haben, auf die neuen Regelungen umzustellen. Zweite Enquete Die heutige Enquete ist die zweite derartige parlamentarische Veranstaltung (die Erste war im April 2001, Anm.) zum Thema Unireform. Am Vormittag werden 15 von den Parlamentsparteien nominierte Experten Impulsreferate zu den Themen "Globalbudget, Leistungsvereinbarung und Profilentwicklung", "Leitungsorgane, Satzung und Studienrecht", "Mitbestimmung" und "Personal sowie neues Dienst- und Arbeitsrecht" gehalten. Am Nachmittag gibt es eine Generaldebatte mit den Teilnehmern der Enquete. Mit der Reform sollen die Universitäten als juristische Personen des öffentlichen Rechts aus der Bundesverwaltung ausgegliedert werden. Die Verpflichtungen von Staat und Universität sollen in Leistungsvereinbarungen festgeschrieben werden, statt jährlicher Geldzuweisungen soll es dreijährige Globalbudgets geben. Die autonome Universität soll von Universitätsrat, Rektor und Senat geleitet werden. Alt-Rektoren gegen selbstständige Medizin-Unis In die Diskussion um die Umwandlung der medizinischen Fakultäten in Wien, Graz und Innsbruck in eigenständige Universitäten haben sich nun frühere Rektoren der Universitäten Wien, Graz und Innsbruck eingeschaltet. In Inseraten in den Donnerstag-Ausgaben von Tageszeitungen, die an Bundeskanzler Wolfgang Schüssel und Bildungsministerin Elisabeth Gehrer (beide V) gerichtet sind, bezeichnen sie diesen Schritt als falsch. Damit würden "die drei großen und traditionsreichen 'klassischen' Universitäten zerstört". Eine Ausgliederung der Medizin-Fakultäten würde die unverzichtbare Zusammenarbeit der medizinischen mit den anderen, vor allem naturwissenschaftlichen, pharmazeutischen Fachgebieten erschweren. Dies würde zur Schaffung von "Rumpfuniversitäten führen, die nicht als vollwertige Partner internationaler 'Weltklasse'-Universitäten agieren können" und in völligem Widerspruch zu den bildungspolitischen Trends in Europa stehen, heißt es in dem Inserat. Nach Meinung der Alt-Rektoren gebe es andere und bessere Möglichkeiten, dem Sonderstatus der medizinischen Fakultäten Rechnung zu tragen. Unterzeichnet ist das Inserat von Christian Brünner, Alfred Ebenbauer, Wolfgang Greisenegger, Thomas Kenner, Kurt Komarek, Helmut Konrad, Winfried Platzgummer, Wolf Rauch, Franz Seitelberger, Christian Smekal, Rainer Sprung, Hans Tuppy, Karl W. Wernhart und Franz Zeilinger. Im Zuge von Gesprächen zur Uni-Reform hatten sich Beamte des Bildungsministeriums und die Dekane der drei medizinischen Fakultäten auf eigenständige Medizin-Unis geeinigt, die allerdings unter einem gemeinsamen Dach mit der jeweiligen Hauptuni stehen sollen. Die Rektoren der Universitäten Wien, Graz und Innsbruck haben sich dezitiert gegen einen solchen Schritt ausgesprochen. (APA)