Die Schweiz habe außer Gehirnzellen keine Rohstoffe, lautet ein im Land geflügeltes Wort. Seit jeher verstand man sich als Land, in dem Bildung und Forschung einen hohen Stellenwert haben. In den Labors der Basler Chemieindustrie oder den Forschungsstätten der Zürcher Eidgenössischen Technischen Hochschule ETH arbeiten Nobelpreisträger und internationale Spitzenkräfte. Die Hochschule Sankt Gallen genießt hohes Renommee unter Wirtschafts- und Sozialwissenschaftern. Fast 100.000 Studierende sind an den zehn kantonalen Unis und den zwei Eidgenössischen Hochschulen eingeschrieben. Erstmals lag im Jahr 2000 die Hochschul-Abschlussquote über zehn Prozent. In der Schweiz hat somit jeder zehnte Erwachsene über 27 Jahre ein Uni-Diplom. Doch das Ausland holt auf, während die Bildungsausgaben in der Schweiz stagnieren: 1980 entfielen 18,7 % der staatlichen Ausgaben auf das Bildungswesen, 1998 nur noch 17,5 %. Mit einer durchschnittlichen Studiendauer von über sechs Jahren liegen die Schweizer gar nicht im internationalen Trend, der hin zu kürzeren Studiengängen geht. Die Schweiz hat sich daher im Jahr 2000 ein neues Universitätsförderungsgesetz gegeben, das den Trends Rechnung trägt: mehr Effizienz, mehr Kooperation, aber auch mehr Wettbewerb zwischen den Unis, die sich auch mehr um staatliche oder private Forschungsgelder kümmern müssen. Reformiert werden sollen auch Studiengänge und akademische Laufbahnen. An einigen Hochschulen wird bereits mit dem angelsächsischen System (Bachelor-Titel nach drei, Master-Titel nach zwei weiteren Studienjahren) experimentiert. Auch das so genannte "Tenure-Track"- System wird diskutiert: Damit bekäme der akademische Nachwuchs die Chance, schon bald nach dem Doktorat zum Assistenzprofessor aufzurücken. (DER STANDARD, Printausgabe, 22.2.2002)