"In Graz hat man nur dann eine Chance auf eine Mietwohnung, wenn man 800 bis 1000 Euro (etwa 11.000 bis 13.800 Schilling) monatlich ausgeben kann. Das Segment der Billigwohnungen verschwindet Zug um Zug vom Wohnungsmarkt", schildert der Grazer KP-Wohnungsstadtrat Ernest Kaltenegger. Für Kaltenegger ist der Neubau von leistbaren stadteigenen Wohnungen die einzige Waffe gegen die wachsende Wohnungsnot in Graz,wo die letzten Gemeindewohnungen Mitte der 60er-Jahre errichtet wurden. Derzeit liegen dem Wohnungsamt 1000 Ansuchen für Gemeindewohnungen vor. Von 1993 bis 1997 wurden noch 873 Wohnungen angeboten, von 1998 bis jetzt sind es 77. Kaltenegger: "Auch durch die Kürzungen der Wohnbeihilfe des Landes bleiben mehr Menschen in ihrer Gemeindewohnung, weil die Alternative der geförderten Wohnung wegfällt." Dabei ist der Stadtrat kein Anhänger des alten einkommensabhängigen Beihilfesystems. "Wir brauchen Wohnungen, die sich die Leute auch noch leisten können, wenn sie ein paar Hundert Schilling mehr verdienen. Das Geld für die große Bürokratie, die jährlich Einkommen überprüfen musste, hätten wir uns sparen und in den sozialen Wohnbau stecken können." Kaltenegger ist ausschließlich für Vergabe und Verwaltung städtischer Wohnungen zuständig. Der Wohnbau unterliegt dem Grazer FP-Vizebürgermeister Peter Weinmeister. Kaltenegger: "Der möchte ja auch neue Wohnungen bauen, aber es fehlen ihm die Grundstücke." Und die könne wiederum nur einer zur Verfügung stellen: der ÖVP-Finanzstadtrat Siegfried Nagl, der (trotz Verkauf der aushaftenden Wohnbaudarlehen) mit einem Budgetloch von 4,4 Mio. Euro haushalten muss. (Colette M. Schmidt, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 23.02.2002)