Wien – Helmut Pechlaner ist stiller als sonst. Der Tiergartendirektor wirkt bei seiner ersten Pressekonfernz nach der Jaguarattacke, bei der eine Tierpflegerin im Schönbrunner Zoo zu Tode gebissen wurde, bedrückt.

Er und sein Assistent Peter Linhart hatten selbst unter Lebensgefahr gehandelt, als sie der im Gehege liegenden Pflegerin helfen wollten. "Ich habe den Schlüssel zum Gehege nicht mitgehabt, das hat mir das Leben gerettet", erinnert sich Pechlaner am Donnerstag im AKH. Linhart habe die Tür ins Innere aufgesperrt. Dann habe er, Pechlaner, seinen Assistenten zurückgedrängt: "Ich gehe rein."

"Ich habe dann versucht, die Tür zum Pflegerbereich zu schließen, damit die Jaguare nicht weiter vordringen können." Gleichzeitig habe er mit Wasser auf die Tiere gespritzt, um sie wegzutreiben. "Da ist einer in meine Richtung gesprungen." Zweimal hat ihn die Jaguarpranke an der linken Hand getroffen. Pechlaner hat, wie die Mitarbeiter und Zoobesucher, zuschauen müssen, wie zwei Jaguare auf ihrem Opfer gesessen sind. "Einer hat sie gepackt und sie weitergeschleppt." Da habe sein Stellvertreter Harald Schwammer "vollkommen richtig geschossen".

"Die Hand meines Bruders ist von der Motorik und der Sensibilität her wunderbar", erklärt Sigurd Pechlaner zum Gesundheitszustand von Helmut. Der Unfallchirurg ist in die Behandlung involviert, weil er als Spezialist bereits bei der Handtransplantation von Polizist Theo Kelz operiert hatte. "Der Heilungsverlauf ist bestmöglich." Die behandelnden Ärzte im AKH sind zufrieden. Die befürchtete Wundeiterung ist ausgeblieben, obwohl die Bissstelle stark mit Bakterien verschmutzt war. Eventuell kann Pechlaner kommenden Montag das Spital verlassen.

Schuber funktioniert

Abgeschlossen sind nun die Untersuchungen zum Unfallhergang, die sich mit den aktuellen Berichten Pechlaners decken. Bestätigt wurde, dass kein technischer Defekt die Ursache für den Unfall war. Der Schuber funktioniert tadellos, ergab eine Überprüfung. Damit liegt kein schuldhaftes Verhalten seitens der Tiergartengesellschaft vor. Unklar ist aber, warum die als sehr erfahren geltende Tierpflegerin nochmals zurück in jenen Raum gegangen ist, in dem sie bereits die Kaninchen für die Fütterung der Jaguare bereitet hatte.

Der Tiergarten ist geöffnet (im März täglich von 9 bis 17.30 Uhr). Allerdings bleibt das Großkatzenhaus, in dem auch die Jaguare leben, bis auf weiteres geschlossen. (aw, DER STANDARD Print-Ausgabe 8.März.2002)