Wirtschaftspolitik
Erst Kauf, dann Verkauf der Voest
Staatsholding geht bei Voestalpine Kapitalerhöhung mit - In zwölf Monaten soll wieder privatisiert werden
Wien - Die ÖIAG ging am Freitag daran, ihren Schlingerkurs
in Sachen Wertsteigerung bei
ihrer Beteiligung Voestalpine
in die Tat umzusetzen. Vorstand und Aufsichtsräte der
Verstaatlichtenholding sind
fest entschlossen, bei der von
den Linzer Stahlkochern geplanten Kapitalerhöhung im
Ausmaß von 200 Millionen
Euro teilweise mitzuziehen.
Die Kapitalerhöhung sei vom
Voestalpine-Management
zwar formal noch nicht beantragt, soll am 22. März vom
Voest-Aufsichtsrat aber abgesegnet werden, hieß es in ÖIAG-Aufsichtsratskreisen nach
der Sitzung.
Zank und Hader
Dieser Plan sorgte allerdings
für Zank und Hader, denn die
Räte rund um Präsident Alfred
Heinzel wollten dies mit einer
Sonderdividende von der Post
finanzieren. Das war dem
Vernehmen nach neben Finanzminister Karl-Heinz
Grasser auch den Verfechtern
der Kernaktionärsphilosophie, den „roten“ Arbeitnehmervertretern zu viel, weshalb
sie gegen das millionenschwere Stahlengagement Sturm liefen. Die notwendigen 37,2
Mio. Euro kommen aus dem
ÖIAG-Cashflow, gab die
Staatsholding nach der Sitzung bekannt. Also konnte der
ÖIAG-Aufsichtsrat den Stahl-Deal einstimmig beschließen.
Den Griff in die aufgrund von
dringend nötigen Investitionen ohnehin schwer belastete
„Portokasse“ der Post werde es
hundertprozentig nicht geben,
versicherte die ÖIAG.
Kampf um Kontrolle
Mit der Zeichnung der Voestalpine-Kapitalerhöhung
verfolgt die Staatsholding, wie
berichtet, ein Ziel: Man will
verhindern, dass der Voest-Anteil der Republik von derzeit 38 auf rund 30 Prozent absinkt und damit die kontrollierende Mehrheit futsch ist.
Geht alles glatt, fällt die ÖIAG
nur auf etwa 35 Prozent statt
auf rund 30 Prozent zurück.
Um das negative Echo auf
die bei Finanzinvestoren als
„Re-Verstaatlichung“ gebrandmarkten „Wertsteigerungspläne“ gering zu halten,
geben sich die Eigentümervertreter besonders trickreich:
Die ÖIAG kauft zunächst 1,25
Millionen der 6,6 Millionen zu
begebenden jungen Voest-Aktien - konkret geplant ist ein
Gesamtnominale von 47,96
Mio. Euro, was zum aktuellen
Kurs einen Erlös von gut 200
Mio. Euro bringt - und verpflichtet sich im Gegenzug, nach einer Behaltefrist von zwölf
Monaten endgültig auf eine
Sperrminorität (25 Prozent plus eine Aktie) zurück zu gehen, skizziert ein Insider die
neue Privatisierungsstrategie.
Voraussetzung dafür sei allerdings, dass die Voestalpine-Aktie inzwischen an Wert zulegt und sich ein Investor findet, der die ÖIAG-Aktien mittels Paketzuschlag „vergoldet“, heißt es in Unternehmenskreisen. Eine Stellungnahme dazu gab es nicht.
Gordischer Knoten
Für heiße Debatten sorgte
auch der „Gordische Knoten“
Telekom Austria (TA), wo sich
nach achtmonatiger Diskussion mit Investmentbankern
immer noch keine Entwirrung
abzeichnet, berichten Aufsichtsratmitglieder. Zwischen
Heinzel und ÖIAG-Vorstandssprecher Peter Michaelis herrsche deshalb dicke Luft. Beim
„extrem Cash-getriebenen“
TA-Miteigentümer Telecom
Italia gilt deshalb ein „Bankenparkplatz“ als der einzig
gangbare Ausweg. Zuvor dürfte die TA die 25 Prozent der TI
an Mobilkom zurückkaufen.
Mit den daraus lukrierten
rund 1,5 Mrd. Euro hätten die Italiener ihr Schuldenabbauprogramm erfüllt und Ruhe bei
der Suche nach einem Investor für den verbleibenden
28,9-Prozent-Anteil an der
A1-Mutter Telekom Austria.
(DER STANDARD, Print-Ausgabe, 16./17. März 2002)