Inland
Belgien bietet alte Kampfflugzeuge an
Lockangebot: F-16 würden nur 720 Millionen kosten - Verteidigungs- Ministerium winkt ab: "Salopp gesagt: Es kommt zu spät"
Wien - Vielleicht geht's doch billiger. Das ist der Tenor der Abfangjägerdiskussion der letzten Tage. Und prompt wird
ein Schreiben der Luftfahrtunternehmen "Techspace Aero" und "S.A.B.C.A." an österreichische Politiker bekannt, das
einen Leasingvertrag für 24 gebrauchte belgische F-16 anbietet, die für die Überstellung nach Österreich einem so
genannten Midlife-Upgrade unterzogen würden. Das auf einen Leasingzeitraum von 15 Jahren ausgelegte Paket würde 720 Mio. EURO kosten. Das ist weniger als die
Hälfte der von Regierungsseite immer wieder genannten 1,82 Mrd. EURO (SP-Chef Alfred Gusenbauer hat den Betrag
sogar auf 4 bis 4,72 Mrd. EURO hochgerechnet). Es würde sich dabei um ein so genanntes
Government-to-Government-Geschäft handeln, bei dem kein Gegengeschäft vorgesehen ist.
Die Regierung und die Industriellenvereinigung haben den Nutzen des Abfangjägerkaufs allerdings immer auch mit diesen
"offset"-Geschäften mit Lockheed (beziehunsweise Saab oder EADS) argumentiert. Angepeilt wird eine Kompensation
von 200 Prozent. Das in der Vorwoche bekannt gewordene Angebot von Lockheed-Martin sieht für Neuflugzeuge des
Typs F-16 Block 50 einen Preis von 1,616 Milliarden Dollar (1,833 Milliarden Euro) vor, der Umfang der
Gegengeschäfte soll zumindest 1,196 Milliarden Dollar betragen, was von österreichischer Seite bereits als zu gering
bezeichnet wurde.
Lockheed-Martin hat allerdings schon in seinem ersten Angebot eine ähnliche Zwischenlösung (an der S.A.B.C.A.
ebenfalls beteiligt wäre) inkludiert: Auch die Amerikaner wären bereit, generalüberholte Flugzeuge mit einer
Restbetriebsdauer von 15 Jahren nach Österreich zu bringen. Sie wollen die F-16 damit quasi zum Einstiegsmodell in die
nächste Fliegergeneration des "Joint Strike Fighter" (JSF) machen.
Der Teufel im Detail
Dem Vernehmen nach steckt aber gerade bei diesem Angebot der Teufel im Detail: Für den Betrieb im steirischen
Zeltweg müsste eine wesentlich aufwändigere Modifikation als das bisher angebotene Midlife-Upgrade (MLU) erfolgen.
Und dann wäre der Preis für generalüberholte Maschinen mit 15 Jahren Lebenserwartung bereits auf dem Niveau von
Neuflugzeugen, die 30 bis 40 Jahre halten.
Der Luftfahrtexperte Georg Mader (Jane's Defence Weekly) sieht sich daher außerstande, das belgische Angebot, "das
schon länger herumgeistert, mir im Detail aber unbekannt ist, zu bewerten. Da stellt sich ja auch die Frage, ob von
S.A.B.C.A. modifizierte Flieger noch den vollen Support des Herstellers hätten."
Verteidigungsministerium winkt ab
Im
Verteidigungsministerium winkt man allerdings ab: "Salopp gesagt: Es
kommt zu spät", war die Reaktion laut Austria Presse Agentur.
Herbert Kullnig, der Sprecher des Verteidigungsministeriums, kennt das belgische Angebot nicht, hält es aber schon aus
formalen Gründen für irrelevant: "Es läuft derzeit ein rechtlich bindendes Ausschreibungsverfahren - und es gibt keinen
sachlichen Grund, ein laufendes Verfahren aufzuheben." Aber nur eine Aufhebung würde "das Geschäft
wieder für alle öffnen". Und wenn es doch zu einer Neuausschreibung käme? Kullnig:
"Dann würde die Beschaffung um sieben Monate bis zu einem Jahr verzögert." Mit der Aufhebung wäre die
aktive Luftraumüberwachung unterbrochen, weil bis zur Lieferung
bereits alle Draken außer Dienst wären.
(Conrad Seidl/DER STANDARD, Print- Ausgabe, 25. 3. 2002/APA)