Nahezu halbiert hat sich die Zahl der Nonnen in Österreich. Die meisten sind älter als vierzig. Bei den Männerorden will man diesen Problemen mit einem Trend zur Feierlichkeit begegnen. Heiner Boberski berichtet. Schwester Theresia Sessing zur Lage der Ordensfrauen Schwester Theresia Sessing legt gleich die neuesten Karten auf den Tisch: Mit 1. Jänner 2002 gibt es 5711 Ordensfrauen in Österreich, davon haben nur 204 das 40. Lebensjahr noch nicht vollendet. Die Hartmann-Schwester (Franziskanerin von der christlichen Liebe) und langjährige Generalsekretärin der Vereinigung der Frauenorden sieht im dramatischen Rückgang an Klosterschwestern in Österreich auch ein gesellschaftliches Problem: "Wenn heute viele Familien nur eine Tochter oder nur einen Sohn haben, werden sie ihr Kind nicht unbedingt für Kloster oder Priestertum freigeben. Ich sehe das nicht so tragisch, ein gutes Gesundschrumpfen ist auch etwas wert." Keine Flucht Noch 1981 lebten 9952 Ordensfrauen in Österreich, der Aderlass ist also gewaltig, die Überalterung auch. Dennoch ist sich Schwester Theresia sicher: "Ordensfrauen wird es immer geben, vielleicht nicht mehr in der Menge, die wir gewohnt waren. Früher gab es Noviziate mit hundert Schwestern. Jetzt sind wir schon froh, wenn wir eine haben. Aber die, die kommen, sind sehr gut und wollen auch ehelos leben." Klischeemotive, die jungen Nonnen nachgesagt werden - Liebeskummer, Flucht aus der Welt, Versorgungsdenken -, trafen nach ihrer Erfahrung nie wirklich zu: "Ich kann nicht das ganze Leben lügen, nicht vor irgendetwas davonrennen. Das hält einfach nicht, Liebeskummer schon gar nicht. Wer in der Welt nicht bestehen kann, kann im Kloster auch nicht bestehen." Heute treten kaum mehr ganz junge Mädchen ein, sondern meist Frauen, die schon eine Ausbildung haben und wissen, was sie wollen. Ob kontemplative oder sozial aktive Orden - alle haben die gleichen Nachwuchssorgen. Die relativ meisten Eintritte gibt es dort, wo die Gemeinschaft attraktiv wirkt. Austritte in jungen Jahren werden seltener, eher wollen heute 60-Jährige das Kloster verlassen und sich "noch ein paar schöne Jahre machen". Kooperation der Orden Viele Schwestern stammen aus dem Ausland - auch Theresia Sessing ist einst aus Holland gekommen. Meist wollen sie hier bleiben. Positiv registriert die Hartmann-Schwester die zunehmende Kooperation der Orden. Die letzten Schwestern aussterbender Häuser finden immer Aufnahme in andere Konventen. In vielen Ordenseinrichtungen - sie arbeitet selbst im Wiener "Franziskusheim" in der Altenbetreuung - entsteht jetzt mehr "bunte Zusammenarbeit" zwischen wenigen Schwestern und vielen weltlichen Mitarbeitern - "vielleicht ist das unsere Zukunft". Heiner Boberski - DER STANDARD, Print-Ausgabe vom 26.3.2002