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Heteren/Wien - Vögel passen ihr Legeverhalten an das Futterangebot des Vorjahres an. Mit diesem Ergebnis von Experimenten am Niederländischen Ökologie-Institut in Heteren erhebt sich die Verhaltensforschung in neue Sphären: Erstmals konnte gezeigt werden, dass das Brutverhalten nicht nur von aktuellen, sondern auch von zurückliegenden Faktoren bestimmt wird: Konkret hängt der Legezeitpunkt kausal mit der Futtererfahrung aus dem Vorjahr zusammen (Science, Vol. 296, S. 136). "Das ist das erste Mal", freut sich der Biologe Fabrizio Grieco gegenüber dem STANDARD, "dass diese Wirkung unabhängig von Faktoren wie dem Alter der Vögel oder äußeren Bedingungen gezeigt werden konnte." Geheimnis gelüftet Und so lüfteten der Italiener und seine Forscherkollegen das Geheimnis der Singvögel in einem niederländischen Wald: Eine Gruppe von brütenden Blaumeisen wurde in ihrem natürlichen Verhalten nur beobachtet - zu Vergleichszwecken. Die andere erhielt zusätzlich zum natürlichen Futterangebot Mehlwürmer und andere Larven, die üblicherweise an die Jungen verfüttert werden. "So machten wir sie 'glauben', sie befänden sich in der Zeit des maximalen Futterangebots. Im Folgejahr fanden wir bei denselben Weibchen den Zeitpunkt des ersten Eis leicht nach hinten verschoben", berichtet Grieco. Das Larvenmaximum des Vorjahres, das ja bei bereits geschlüpften Meisen provoziert worden war, veranlasste die Muttervögel nun, mit dem Eierlegen zuzuwarten. Frühere Studien hatten nahe gelegt, dass sich das Brutverhalten nur nach äußeren Faktoren im jeweiligen Jahr richtet - also etwa nach der Temperatur, dem aktuellen Larvenangebot, der Belaubung etc. Die nun gezeigte Bedeutung von Erfahrung "könnte ein allgemeines, weit verbreitetes Phänomen sein, nicht nur eins bei der untersuchten Art", mutmaßt Grieco. (Roland Schönbauer, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 06./07.04.2002)