Vor knapp einem Jahr geschah es neben der Wotruba-Kirche, dort, wo heute der Gedenkstein steht, an dem kaum ein Hund vorbeikommt, ohne ihn feucht abzusegnen. Die gehbehinderte Mona, ein lokal beliebter Familienschäfer, sanft im Gemüt und seelisch mit sich und der Umwelt im Reinen, humpelte auf die gut genährte bayerische Gebirgsschweiß-Kollegin Asta zu, um sie zu begrüßen. - Eine an sich schöne Szene. Aber leider: Astas Herrl, ein rüstiger Weidmann im Ruhestand, verkannte die Situation. Er zog sein Jagdmesser und rammte es Mona zweimal wuchtig in die Brust. Beruhigt war er erst nachher, als er den Beißkorb auf Monas Maul sah. Da wusste er, dass ohnehin nichts Böses geschehen wäre. Aber zur Sicherheit war Mona tot.Asta erlag wenige Monate später einem Organschaden. Vielleicht zeichneten sie jene Gewissensbisse aus, die ihrem Herrl noch heute, bei der Berufungsverhandlung wegen "Tierquälerei" und "Sachbeschädigung mit Todesfolge" fehlen. Das Erstgericht in Liesing hatte den Pensionisten zu zehn Wochen bedingter Haft verurteilt. Dieser wollte eine Abart von Notwehr geltend machen. Asta war nämlich früher schon einmal gebissen worden. "Da hat sie einen Monat lang geblutet", erzählte der Jäger. So etwas sollte nicht mehr passieren. Der Verteidiger des Angeklagten bemüht sich, dem Vorfall das Schockierende zu nehmen. Erstens: "Es ist ja letztlich auch ein bisschen was von einem Wolf im Hund drinnen." (Er meint Mona.) Zweitens: "Mein Mandant hat im Grunde nur das Naheliegende getan. Er hat sein Messer genommen und zugestochen." Denn drittens: "Wenn wir uns bedroht fühlen, und wir haben eine Pistole, dann schießen wir. Deshalb haben ja die meisten von uns, Gott sei Dank, keine Pistole." Viertens: "Hätte er den Hund getreten, und der wäre gestorben, wäre das noch qualvoller gewesen." Das Gericht entzieht sich dieser Argumentation. Die "Sachbeschädigung" bleibt. Die Strafe wird von zehn auf neun Wochen herabgesetzt. (DER STANDARD, printausgabe 06./07.04.2002)