Linz - Nur mehr neun Prozent gefällt Bundespräsident Thomas Klestil "ausgezeichnet". Er ist nach knapp zehn Jahren im Amt "ein Politiker geworden, der so offen kritisiert wird wie jeder andere und der von vielen auch als ganz normaler Mensch beurteilt wird", sagt der Linzer Meinungsforscher Werner Beutelmeyer über die Zahlen, die sein market-Institut für den STANDARD erhoben hat.14 Prozent sagen, dass ihnen Klestil "gar nicht gut gefällt" - ein Wert, der zu Beginn der Amtszeit undenkbar war. Da trauten sich erst vier Prozent, so hart zu urteilen. Überhaupt zeigen die Zahlen, dass sich das Bild der Österreicher von ihrem Staatsoberhaupt gewandelt hat: Nicht nur, dass er in den letzten Jahren weniger gefällt als zu Beginn der Amtszeit, es wird auch von jedem Zweiten gutgeheißen, dass über Klestils Privatleben diskutiert wird - für das Amt des Staatsoberhaupts entstünde dadurch kein Schaden. Nur eine Minderheit von 43 Prozent, darunter besonders viele Sozialdemokraten und Grüne, argumentieren, dass solche Diskussionen dem Amt schaden. Bei einer Mehrheit der Österreicher hat sich die Erwartung, der Bundespräsident solle eine aktive Rolle in der Politik spielen, durchgesetzt: 54 Prozent sind dafür, nur 42 dagegen. Beutelmeyer: "Hier hat es einen interessanten, offenbar durch die aktuelle politisiche Lage bedingten Wandel gegeben: Früher wünschten sich vor allem die Bürgerlichen einen aktiven Präsidenten, heute sind es besonders die Anhänger der Oppositionsparteien." (Von Conrad Seidl; DER STANDARD, Print-Ausgabe 13.´4.2002)