Geschlechterpolitik
Sozialpartner-Gipfel zur Frauen-Nachtarbeit gescheitert
ÖGB hält an Forderungen fest, die die Wirtschaftskammer für "zu teuer" erachtet - Neues Gesetz nicht vor Sommer zu erwarten
Wien - Die Gipfelgespräche zwischen Wirtschaftsminister
Martin Bartenstein (V) und den Sozialpartnern zum Thema Nachtarbeit
für Frauen sind ohne Ergebnis Montag Abend zu Ende gegangen.
Der ÖGB hält an seinem
Verlangen nach einem zehnprozentigen Zeitguthaben für jede geleistete
Nachtarbeitsstunde ebenso fest wie an der Forderung nach
Versetzungsanspruch auf einen Tagesarbeitsplatz. Das würde die
Nachtarbeit "massiv verteuern", begründete die Wirtschaftskammer ihre
Ablehnung.Wirtschafts- und Arbeitsminister - oder?
"Auf Grund der erwiesenen Gesundheitsbeeinträchtigung muss
Nachtarbeit besonders bewertet werden, was der Ausgleich mittels
Zeitguthaben gewährleistet", argumentiert ÖGB-Präsident Fritz
Verzetnitsch. Diese Forderung sei kein Neuland,
denn in verschiedenen Kollektivverträgen und für die
Gesundheitsberufe sei dies bereits Realität. Auch vom
Versetzungsanspruch auf einen Tagesarbeitsplatz wolle man nicht
abrücken. Der ÖGB-Präsident erwartet, dass Arbeits- und
Wirtschaftsminister Martin Bartenstein (V) "seine Verantwortung als
der für die Arbeitnehmer zuständige Arbeitsminister ebenso wahrnimmt
wie jene des Wirtschaftsministers".
WKÖ: Zu teuer
Reinhold Mitterlehner, stv. Generalsekretär der
Wirtschaftskammer, ist strikt gegen einen zehnprozentigen
Arbeitszeitzuschlag für alle ArbeitnehmerInnen und weist darauf hin, dass
die EU-Richtlinie nur die Notwendigkeit von Ausgleichsruhezeiten
vorsehe. Und
Versetzungsanspruch bestehe nur "bei einer Gesundheitsgefährdung und
bei betrieblichem Gestaltungsspielraum". "Eine Berücksichtigung der
Arbeitnehmerwünsche durch eine Übererfüllung der EU-Richtlinie könne
aber nicht als Grundlage für einen Kompromiss in dieser Frage
herangezogen werden", betont Mitterlehner.
Angesichts der "aktuellen Wirtschaftssituation" hätten die
ArbeitgeberInnen keinen Spielraum: "Bereits jetzt wird Nachtarbeit in der
Regel deutlich höher bezahlt, als die Arbeit am Tag. Wir können einer
massiven zusätzlichen Verteuerung der Nachtarbeit für alle nicht
zustimmen", schloss Mitterlehner.
Bartenstein: Begutachtungsentwurf wird vorgelegt
Dies sei der
"letzte Versuch des Ministers für eine Einigung" gewesen, hieß es. Er
bedauere sehr, dass es in dieser Angelegenheit zu keiner
Kompromisslösung gekommen sei, zumal die fehlende gesetzliche
Regelung nichts anderes als eine Diskriminierung der Frauen am
Arbeitsmarkt bedeute.
Als nächsten Schritt werde im Wirtschaftsministerium nun ein
Begutachtungsentwurf verfasst, in dem das Nachtarbeitsverbot für
Frauen aufgehoben werde. Dieser soll in den nächsten Tagen fertig
gestellt werden und liege dann fünf Wochen zur Begutachtung auf.
Ergebnisse frühestens im Sommer
Österreich hat bis heute bei der Frauen-Nachtarbeit keine
gesetzliche Anpassung an das EU-Recht vorgenommen. Frauen arbeiteten
daher seit 1. Jänner 2002 in der Nacht ohne ausreichende
Schutzbestimmungen. Die alte Regelung war mit Jahresende ausgelaufen,
da sie dem Gleichheitsgrundsatz der EU widerspricht - eine neue Regelung ist nicht vor Sommer 2002 zu erwarten. (APA/red)