Wien - Franz Fiedler, Präsident des Rechnungshofes, kündigte in einem Brief an Eva Glawischnig, Kultursprecherin der Grünen, eine Überprüfung des von Generaldirektor Wilfried Seipel geleiteten Kunsthistorischen Museums an. Die Grünen glauben, wie berichtet, gravierende Unregelmäßigkeiten in den Bilanzen entdeckt zu haben. (trenk/DER STANDARD, Print-Ausgabe, 26. 4. 2002)
Vorgeschichte:
Fragen "nur teilweise beantwortet"
Grüne Kultursprecherin Glawischnig regt Rechnungshof-Prüfung an
Wien - Am 30. Jänner sowie am 19. Februar wurden von der Grünen Kultursprecherin Eva Glawischnig eine Reihe von parlamentarischen Anfragen zu den Bilanzen des Kunsthistorischen Museums (KHM) eingebracht. Nun liegen Anfrage-Beantwortungen durch die für Museen zuständige Ministerin Elisabeth Gehrer (V) sowie durch Finanzminister Karl-Heinz Grasser (F) vor - jedoch "nur teilweise", so Glawischnig in einer Stellungnahme. Überzogene Fristen "Wesentliche Anfragen sind geschäftsordnungswidrig trotz Ablaufen der Frist nicht beantwortet worden", meint die Grün-Abgeordnete, "dazu zählen insbesondere die übernächtliche Wertminderung im Bereich der Lagerbestände und des hundertprozentigen Tochterunternehmens (3332/J), und alle Fragen zur Überschuldung des Tochterunternehmens Museums-Collection Design- und Vertriebs GesmbH (3340/J)." Inhaltlich setzten sich die Anfragen mit Details der Abschlussbilanz 1998 und Eröffnungsbilanz 1999 des mit Jahresbeginn 1999 in die Vollrechtsfähigkeit entlassenen KHM auseinander. Insbesondere ging es um die Bewertung von Katalog-Beständen, die Bewertung des Tochterunternehmens, in die Bilanzen aufgenommene Forderungen an den Bund, um Bestätigungsvermerke, Gebarensprüfungen sowie unterschiedliche Beträge von Forderungen bzw. Verbindlichkeiten in den Bilanzen des KHM und der Tochter. Eröffnungsbilanz "beschönigt" In den vorliegenden Beantwortungen betont Bundesministerin Gehrer (auf deren Zuständigkeit Grasser in seinen eigenen Beantwortungen im Wesentlichen verweist) die Rechtmäßigkeit aller in den Anfragen angesprochenen Vorgänge. Einzig die in der Anfrage 3336/J nachgefragte Forderung an den Bund unter dem Titel Sozialkapital i.d.H. von 14,324 Mill. Schilling in der Eröffnungsbilanz 1999 wurde laut Gehrer nicht anerkannt. "Die Eröffnungsbilanz 1999 wurde damit um 14 Mill. öS beschönigt", folgert Glawischnig. Unterscheidung von Schulden "skurril" Bezüglich den nachgefragten wirtschaftlichen Probleme der "Museums Collection Design- und Vertriebs GesmbH", einer Tochter des KHM, betont Gehrer, dass "zwar eine buchmäßige Überschuldung vorliegt, jedoch eine positive Fortbestandsprognose vorliegt" (Beantwortung der Anfrage 3442/J) und eine durchgeführte Kapitalerhöhung um rund 4,5 Mill. Schilling "in Einklang mit den Bestimmungen des Bundesmuseen-Gesetzes" gestanden sei. Diese Angaben stehen für Glawischnig "in Widerspruch zur Abschlussbilanz" der betreffenden Tochtergesellschaft. "Die Unterscheidung in buchmäßige und tatsächliche Überschuldung ist skurril. Wozu dient die Bilanz eines Unternehmens, wenn nicht zur Transparenz über den tatsächlichen Stand?" fragt Glawischnig und hat laut eigenen Angaben mittlerweile entsprechende Unterlagen dem Präsidenten des Rechnungshofes übermittelt sowie eine Prüfung des Kunsthistorischen Museums und der entsprechenden Bilanzen angeregt. (APA)