Wien - "Bemerkenswerte Ziellosigkeit und Planlosigkeit" ortet die Präsidentin der Richtervereinigung, Barbara Helige, angesichts der gestrigen Ankündigung von Justizminister Dieter Böhmdorfer (F), den Jugendgerichtshof Wien zusperren zu wollen. Schließlich habe die Regierung noch vor einem Jahr die Kompetenzen ausgeweitet, "jetzt geschieht das genaue Gegenteil". Die Richtervereinigung sei vor dem diesbezüglichen Grundsatzbeschluss im Ministerrat nicht informiert worden, berichtete Helige. "Die Gerichtsorganisation ist keine Spielweise, es geht um sehr wichtige Strukturen", meinte die Richter-Präsidentin. Der Jugendgerichtshof übe eine wichtige Funktion aus und habe auch international große Beachtung erregt. Dass sich das Ministerium nun "plötzlich überlegt hat", den Jugendgerichtshof dem Straf-Landesgericht zuzuordnen, liege wohl daran, "dass man keine Zeit für die guten Argumente gegen eine solche Justizpolitik lassen wollte". Helige warnte vor den "großen Problemen", die eine solche "riesige Umorganisation" für die Wiener Gerichtsbarkeit bedeute. Schließlich seien auch alle Bezirksgerichte von der Auflösung betroffen, die Jugend-Bezirksrichter müssen auf Bezirksgerichte verteilt werden. "Ich bezweifle, ob sich irgend jemand überlegt hat, was das für die Wiener Gerichtsorganisation heißt", so Helige. Der Justizminister hat Dienstag im Ministerrat - für die Betroffenen in der Justiz überraschend - seinen Plan absegnen lassen, den Wiener Jugendgerichtshof in den Landesgericht für Strafsachen einzugliedern. Seine Begründung ist, dass es rechtsstaatlich "nicht ganz in Ordnung" sei, wenn in einer Einheit Bezirksrichter und Richter des Landesgerichtes sitzen. (APA)